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Dienstag, 19. August 2008

Walther von der Vogelweide - Under der linden




Walter von der Vogelweide - Under der linden


Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.

Ich kam gegangen
zuo der ouwe:
dô was mîn friedel komen ê.
dâ wart ich empfangen
hêre frouwe
daz ich bin sælic iemer mê.
kust er mich? wol tûsentstunt:
tandaradei,
seht wie rôt mir ist der munt.

Dô hete er gemachet
alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
des wirt noch gelachet
inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
bî den rôsen er wol mac
tandaradei,
merken wâ mirz houbet lac.

Daz er bî mir læge,
wesse ez iemen
(nu enwelle got!), so schamte ich mich.
wes er mit mir pflæge,
niemer niemen
bevinde daz wan er und ich
und ein kleinez vogellîn:
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.



Übertragung ins Neuhochdeutsche durch Wolrad Eigenbrodt:

Unter der Linde.

Unter der Linden
Auf der Heide,
Da unser beider Bette war,
Da könnt ihr finden
Augenweide:

Geknickt das Gras und der Blumen Schar.
  Vor dem Wald mit süßem Schall,
  Tandaradei!
  Sang im Thal die Nachtigall.

Ich kam gegangen
Zu der Aue;
Dort harrte schon der Liebste mein.
Da ward ich empfangen –
Heilige Fraue! –
Daß ich allzeit muß selig sein.

  Küßte er mich? Er wards nicht müd!
  Tandaradei!
  Sehet, wie der Mund mir glüht!

Er hatte gemachet
So reich und minnig

Von Blumen eine Ruhestatt.
Des wird noch gelachet
Wohl herzinnig,
Kommt jemand über diesen Pfad.
  An den Rosen er wohl mag –
  Tandaradei!
  Merken, wo das Haupt mir lag.

Wie wir selig lagen,
Wüßte es Einer,
(Verhüt es Gott!) so schämt ich mich.

Welch ein Spiel wir pflagen,
Keiner, keiner
Erfahre das, denn er und ich,
  Und ein kleines Vögelein –
  Tandaradei!
  Das wird wohl verschwiegen sein.


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Paul,
danke, für dieses wunderschöne Gedicht, das ich zum ersten Mal hörte, als ich 13 Jahre alt war.
Und das Tandararadei verfolgte mich, mit seinem Geheimnis ...

Liebe Grüße
Gabriele

Anonym hat gesagt…

ein schönes erotisches Gedicht.
Ich wundere mich immer wieder, wie leicht es mir fällt das Althochdeutsche zu verstehen.
Herzliche Grüße
Barbara

Anonym hat gesagt…

@Gabriele: auch mich lässt das tandaradei seit Jahrzehnten nicht mehr los.
@Barbara: als Besserwisser muss ich Dich berichtigen. Das ist kein althochdeutsch, sondern mittelhochdeutsch. Althochdeutsch sind zum Beispiel die Merseburger Zaubersprüche; die sind nicht so leicht zu verstehen, wie die Lieder der Minnesänger. Dazu später mehr.

Ganz lieben Dank für die Kommentare.

Anonym hat gesagt…

Eine sehr schöne Version singt auch Bill Kilpatrick

Anonym hat gesagt…

Liebe Susanne,

vielen Dank für den Hinweis. Ich stimme Dir zu, auch die Version von Bill Kilpatrick ist sehr hörenswert.

Liebe Grüße