Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

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Samstag, 28. Februar 2009

Strawinsky, die Störche und ich

Frühlings-Schurigelei


Bild: Antonio Pisanello, Storch, 1430- 40, (zeno.org)

Frühlings-Schurigelei


Was treibt den Storch denn jetzt schon her,

So halb ist ´s doch noch Winter? –

Er spielt gern „Wer wird Millionär“. -

Na ja, vielleicht gewinnt er.


Sonst fürcht’ ich, dass der gute Storch

Mir noch im Frost verhungert.

Es klappert nicht, obwohl ich horch’,

Wenn er am Teich rum lungert.


Es fehlt an Kröten, Fröschen, Unken,

Das Sushi kann er auch vergessen.

Umsonst wird er den Schnabel tunken,

Und findet kaum etwas zum fressen.


Freitag, 27. Februar 2009

Beim Lesen von Martin Opitz



siehe Digitalisat der Herzog-August-Bibliothek, Wolfenbüttel

Beim Lesen von Martin Opitz


Büchlein, Büchlein in der Hand,

Ich versteh nicht, was ich fand.

Ist es denn total verkehrt,

Dass die Welt sich nicht drum schert,

Ob es jene gibt und solche; -

Manche Echsen sind auch Molche.


Mir ist es recht einerlei,

Ob bei der Poeterei

Ich ein metrisches Gesetz

Nicht befolge und verletz’.

Es gibt jene und auch solche,

Manche Dichter sind halt Strolche.


Donnerstag, 26. Februar 2009

Ich und die Marktwirtschaft


Bild: Hans Makart, Allegorie auf die Lebenslust, 1868/69, (wikicommons.org)

Ich und die Marktwirtschaft


Ich armer Mensch bin viel zu dumm,

Fürs freie Unternehmertum;

Auch hab’ ich nicht ein bisschen Sinn

Für Geld, Profit und Reingewinn.


Besitz – für mich ein leeres Wort,

Das was ich habe, geb’ ich fort.

Mich int’ressiert nicht der Ertrag,

Ich lebe einfach, Tag für Tag.


Die Arbeit hat für mich den Wert,

Den jeder Mensch an sich erfährt.

Ja, meine Arbeit ist für mich,

Und glaubt es mir, das rechnet sich!


Mittwoch, 25. Februar 2009

Anna Margolin - mit halb farmakhte oygn


Bild: Anna Margolin, (wikicommons.org)

Anna Margolin - mit halb farmakhte oygn

Eigentlich Rosa Harning Lebensboym (1887-1952)


מיט האַלב פֿאַרמאַכטע אױגן


זיצנדיק באַם טיש אין גרױען זאַל,

פֿױל און אומרויִק זיך װיקלענדיק אין שאַל,

קוק איך דען אױף דיר?

רוף דיך דען צו מיר?

אור רױטער איז מײַן מױל אַצינד,

און די האַלב פֿאַרמאַכטע אױגן

מיט אַ רױך פֿאַרצױגן

.

נאָר פֿאַרפֿלײצט בין איך פֿון רױש און ליכט,

און דײַן געזיכט זע איך דורך נעפּל און פֿלאַם,

און אױף די ליפּן איז שאַרף דער טעם

פֿון זון און װינט

.

נאָר איך צי זיך אַרױף מיט פֿאַרשטיקטן געשרײ,

איך װאַקס פֿלאַטערנדיק, פֿיבערדיק אַזױ {אַזײ},

און דאָס װאַקסן טוט װײ

.

פֿאַררוקט אין װינקל פֿון דעם גרױען זאַל,

אין די לאַנגע פֿלאַמענדיקע פֿאַלדן פֿון שאַל,

קוק איך דען אױף דיר?

רוף דיך דען צו מיר?

נאָר איך האָב װײטיקלעך, און טיף, און בלינד

מיט האַלב פֿאַרמאַכטע אױגן

דיך אײַנגעזױגן

.

zitsndik bam tish in groyen zal,

foyl un umruik zikh viklendik in shal,

kuk ikh den af dir?

ruf dikh den tsu mir?

or royter iz mayn moyl atsind,

un di halb farmakhte oygn

mit a roykh fartsoygn.


nor farfleytst bin ikh fun roysh un likht,

un dayn gezikht ze ikh durkh nepl un flam,

un af di lipn iz sharf der tam

fun zun un vint.


nor ikh tsi zikh aruf mit farshtiktn geshrey,

ikh vaks flaterndik, fiberdik azoy {azey},

un dos vaksn tut vey.

farrukt in vinkl fun dem groyen zal,

in di lange flamendike faldn fun shal,

kuk ikh den af dir?

ruf dikh den tsu mir?

nor ikh hob veytiklekh, un tif, un blind

mit halb farmakhte oygn

dikh ayngezoygn.


Mit halb geschlossenen Augen


Hingesetzt am Tisch in einem grauen Saal,

Müßig, unruhig, bin versteckt in meinem Schal,

Seh ich denn zu dir?

Ruf ich dich zu mir?

Nur mein Mund ist röter jetzt

Und die Augen halb geschlossen,

Mit dem rauchigen Verzagen.


Dann bin ich überschwemmt von Lärm und Licht,

Seh durch Flammen, Nebel dein Gesicht.

Scharf ist der Geschmack auf meinen Lippen

Von Sonne und Wind.


Dann weck ich mich mit einem halberstickten Schrei,

Und erwache zitternd, fiebernd,

Und das Erwachen tut so weh.


Versteckt in einer Ecke des grauen Saals,

In den langen, flammenden Falten des Schals,

Schau ich denn zu dir?

Ruf ich dich zu mir?

Nein, ich hab ein bisschen feig, und tief und blind,

Mit halb geschloss’nen Augen

Dich eingesogen.


Nachdichtung Paul Spinger Januar 2009


Fehler passieren - (Boulevardskizzen 12)


Bild: Jean Francois Raffaelli, Mann mit zwei Brotlaiben, 1879, (wikicommons.org)

Fehler passieren - (Boulevardskizzen 12)


Das kann ich schon erzählen:

Die Kassiererin

Im Supermarkt

Hat mir fünf Euro

Zuviel herausgegeben.

Ich habe es erst viel

Später bemerkt,

Bin nicht

Zurück gegangen.


Dass ich mich

Drei Tage lang

Dafür geschämt habe,

Kann ich nicht erzählen.


In der Hexenschule


Bild: Luis Ricardo Falero, Die Vision des Faust, (wikicommons.org)

In der Hexenschule


Die Schleiche blind,

Der Echsen Eid,

So folgt geschwind

Der Hexenneid.


Und die alten Zaubersprüche

Kämpfen in der Hexenküche,

Gegen teuflische Gerüche:


Schwefelpech und Katzendreck,

Aberdra und Salabim,

Ein Gestammel ohne Zweck,

Ohne Sinn und dennoch schlimm.


Dienstag, 24. Februar 2009

Vier Uhr Morgens


Bild: Albert Lorieux, Einsamkeit, 1898, (wikicommons.org)

Vier Uhr Morgens


Wenn ich um vier Uhr morgens niemanden habe,

Mit dem ich reden kann, bin ich allein.


Wenn ich um vier Uhr morgens niemanden kenne,

Den ich anrufen kann, bin ich einsam.


Wenn ich um vier Uhr morgens niemandem weiß,

Dem ich schreiben kann, bin ich auf den Tod

Verwundet.


Zeitungsente



Zeitungsente


Neues aus der Tierwelt: Bulle und Bär terrorisieren Dachs.

Karnevalsleichen


Bild: Jan Steen, Die Trinker, 1660, (wikicommons.org)

Karnevalsleichen


Ich weiß nicht, was ich sagen soll;

Die tollen Tage sind nicht toll,

Sie sind noch nicht mal heiter.

Zwar gönn’ ich jedem seinen Spaß,

Und auch das zweite, dritte Glas, -

Sie saufen aber weiter.


Sich zu besaufen ist legal;

Besonders jetzt im Karneval

Kommt Luft in manche Flasche.

Und nur betrunken lustig sein,

Das fällt doch bloß den Spießern ein,

Und mir schmeckt das nach Asche.


Montag, 23. Februar 2009

Vom Häuschen


Bild: Frits Thaulow, Häuschen am Wasser, um 1900, (wikicommons.org)

Vom Häuschen


Häuschen geh nicht in die Brüche!

Alle guten Zaubersprüche

Werde ich dir schenken.

Auch die Fee, der Troll wird helfen,

Und das Zauberlied der Elfen,

Wenn wir an dich denken.


Aber bleib’ ganz ungeniert

Ein klein bisschen ruiniert,

Denn das ist dein Charme.

Kleines Häuschen unterm Baum,

Ich bewohne dich im Traum,

Und der ist nicht arm.


Sonntag, 22. Februar 2009

Hungrig


Bild: Anders Zorn, Die Liebesnymphe, 1885, (wikicommons.org)

Hungrig


Hungrig nach Liebe.

Du weißt keinen Anfang,

Du kennst kein Ende. -

Nur die Liebe weiß alles.


Wie willst du das Wort Liebe aussprechen,

Wenn du nicht den frühen Tau

Auf einer wilden Blume gesehen hast?


Nie wirst du satt sein,

Denn was kann die Liebe nähren,

Außer der Liebe?


Samstag, 21. Februar 2009

Das vergilbte Blatt


Bild: Ilja Jefimowitsch Repin, Porträt des Antikriegs-Dichters Wsewolod Michailowitsch Garschin an seinem stets unaufgeräumten Schreibtisch, 1884, (wikicommons.org)

Das vergilbte Blatt


Vergilbend liegt das weiße Blatt

Obszön auf meinem Schreibtisch rum;

Weil niemand drauf geschrieben hat

Zerknüllt ich es, denn es ist stumm.


Dann streich ich ´s mühsam wieder glatt,

Und mal’ darauf ein Liebeslied.

Jetzt redet das vergilbte Blatt;

Welch riesengroßer Unterschied!


Erst war es gelb und glatt und leer,

Sah mich wie eine Hure an.

Jetzt provoziert es mich nicht mehr,

Weil ich darauf was lesen kann.


Kommentargedicht von Gabriele Brunsch:


was sich da so zusammenreimt,

beschrieben-unbeschrieben,

ein wenig alt, vergilbt, und leergeblieben,

aussagestark wie sacht betagte haut,


nur scheinbar stumm. verführerisch,

verpönt und doch begehrt,

verworfen, sündig, lasterhaft,

verschmäht und auch verehrt!


du kämpfst, du widerstehst,

zerknüllst, beleidigst, wendest dich,

doch schließlich siegt die lust,

weil alles flüchten sinnlos ist,

tust du nur, was du musst.


die macht hat jetzt die zauberkraft,

der zweifel weicht im licht,

mit jedem satz ein neues land,

zur welt kommt ein gedicht.


das ist nun wirklich unbedacht

mir davon zu berichten,

ich will doch dass die liebe lebt,

und dichtung kommt von dichten.


lass lasterhafte blätterfeen,

obszön verführerisch und fein

mit gurren, säuseln um dich sein

wenn liebeslieder so entstehn

musst du durch diese hölle gehn!


Copyright: Gabriele Brunsch 2009


Meine Antwort


Gabriele,

Liebe Seele,

Wenn ich Komplimente fische,

Etwas lerne,

Denk ich gerne,

Vielleicht gibt ´s bald wieder frische.


Kleine Worte


Bild: Jan Ekels II., Ein Schreiber richtet seine Feder aus, 1784, (wikicommons.org)

Kleine Worte


Sieh, mein neuester Gedanke

Ist schon tausend Jahre alt;

Zeit, Entfernung – keine Schranke,

Wenn es in mir widerhallt.


Nein, ich habe keine Lehre,

Bin bestimmt auch kein Prophet,

Schreibe oft ins Ungefähre,

Und lass stehen, was da steht.


Häufig ist es ganz vergeblich,

Dass mein Herz ein Lichtchen sieht.

Meistens ist es unerheblich,

Trotzdem schreibe ich mein Lied.


Kleine Worte, nicht die großen,

Möcht’ ich gerne weiterschenken.

Vielleicht hab ich ´s angestoßen,

Das Empfinden, hin zum Denken.


Freitag, 20. Februar 2009

Zeitungsente


Bild: Der Brocken in Perspektivansicht, Kupferstich von L. S. Bestehorn, 1732, (wikipedia.org)

Zeitungsente:


Brocken verklagt Peter Hartz wegen Rufschädigung.


Alles Weiß – (Boulevardskizzen 11)


Bild: Georges Lemmen, Verschneiter Abend, 1910, (wikicommons.org)

Alles Weiß – (Boulevardskizzen 11)


Weil der Winter

Es nicht schafft

So schöne Farben zu zaubern,

Wie die anderen

Jahreszeiten,

Deckt er alles

Mit einem weißen Mantel zu.

Selbst die Dächer

Und Autos

Sehen alle gleich aus. –


Eine beunruhigende

Gleichförmigkeit

Liegt über der Stadt.


Donnerstag, 19. Februar 2009

Rat an einen jungen Wehrpflichtigen


Bild: Carl Rochling, Kadetten bei der Vorbereitung zur Parade, um 1900, (wikicommons.org)

Rat an einen jungen Wehrpflichtigen


Du gehörst nicht „Vater Staat“,

Darum werde nicht Soldat,

Das wird dir nichts geben.

Werde wie du werden willst,

Wenn du deine Sehnsucht stillst;

Nimm das ganze Leben.


Lass dich nicht zum Mörder machen,

Lerne lieben, lerne lachen,

Und geh lieber Tanzen.

Herrlich ist es zu erröten;

Es gibt keinen Grund zum Töten,

Bleib ein Mensch im Ganzen.


Mittwoch, 18. Februar 2009

Tagesaphorismus: Glück und Unglück


Bild: Georg Frederick Watts, Hoffnung, um 1900, (wikicommons.org)

Tagesaphorismus: Glück und Unglück


Die meisten Menschen beschäftigen sich mehr damit, dem Unglück aus dem Wege zu gehen, als damit, das Glück zu suchen.


Der Entdecker


Bild: Thomas Cole, Entfernung - Mond und Feuerlicht, 1828, (wikicommons.org)

Der Entdecker


Was soll ich mit den Wolken ziehn?

Das wär’ ein falscher Schritt.

Mir selber kann ich nicht entfliehn,

Ich nehm’ mich immer mit.


Das ferne, völlig neue Land

Ist Flucht und Illusion;

Das weiß vielleicht nicht der Verstand,

Die Seele aber schon.


Und darum bleib’ ich lieber hier,

Erkunde neue Welten

In meiner Seele, tief in mir,

Wo meine Träume gelten.


Dienstag, 17. Februar 2009

Und...


Bild: Geliebte der Winde und Jahreszeiten, ca 1890, (wikicommons.org)

Und…


Du hast mich gekränkt, ich hab es vergessen,

Und wenn man bedenkt, dass du unterdessen …


Aber du schlachtest das Hühnchen für mich,

Und meine Trauer, die ist an für sich …


Lass doch den Wind, er weht sowieso,

Und diese Sehsucht, sie lodert wie Stroh …