Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

Verleger gesucht!

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Freitag, 29. Februar 2008

Die Methode


Bild: Eugène Ferdinand Victor Delacroix,
Don Quichotte in seiner Bibliothek, 1824, (zeno.org)

Die Methode

Auf schwankenden Brettern –
Sicher mein Schritt.
Ich schwanke auf sicherem Boden.
Bei springenden Wettern –
Langsam mein Tritt.
So lebe ich meine Methoden.

Das Hemd


Bild: Antoine Watteau, Sitzende junge Frau imHemd,
1716, (zeno.org)

Das Hemd

Mir so nah
Und doch so fern.
Ach, ich sah
Bis auf den Kern.

Diesen hab ich nicht verstanden,
Und die Nähe kam abhanden.

Mir so fremd
Und doch vertraut,
Wie mein Hemd,
Wie eine Braut.

Diese hab ich nicht verstanden,
Doch mein Hemd – das kam abhanden.

Donnerstag, 28. Februar 2008

Der Käfer


Wikipedia.org

Der Käfer - Tagesaphorismus

Von Arthur Schopenhauer stammt der berühmte Satz: „Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten, aber alle Professoren der Welt zusammen können keinen herstellen.“
Dem will ich hinzufügen, dass alle Professoren der Welt zusammen noch nicht einmal genau beantworten könnten, warum es diesen Käfer gibt.

Die Mondsichel


Bild: Otto Mueller, Sitzender Knabe mit Mondsichel,
1924, (zeno.org)

Die Mondsichel

Die Wolkenwellen
Auf denen das
Mondschifflein schwimmt
Halten sich zurück
Nie
Bringen sie
Das Schiff zum Kentern
Auch
Wenn ich es oft
Nicht sehen kann

Mittwoch, 27. Februar 2008

Meine neuen Sachen


Bild: Nathanael Sichel,
Aimée. zwischen 1875 und 1905, (zeno.org)

Meine neuen Sachen

Meine neue Jacke ist
Ziemlich alt und nicht modern,
Gar nicht schrill, ja fast schon trist,
Doch ich mag sie gern.

Meine neue Freundin starb
Vor zweihundert Jahren.
Als ich kürzlich sie umwarb,
Hab ich das erfahren.

Meine neueste Erfahrung:
Tausende von Jahren alt,
So wie jede Offenbarung,
Mit dem ruhigen Schlaf bezahlt.

Kalendernotiz


Bild:wikicommons.org

Kalendernotiz

Ich bin gespannt:
Ganz bald
Blühen wieder
Die Apfelbäume.

Kräuter der Provence


Bild: Paul Cézanne, Stillleben mit Brot und Eiern,
1865, (zeno.org)

Kräuter der Provence

Die Küchenkräuter in Balance,
Die ich so gerne mag,
Das sind die Kräuter der Provence,
Hab sie fast jeden Tag.

Oregano und Rosmarin,
Und die Lavendelblüte,
Die Düfte, die vom Herd her ziehn,
Sind allererster Güte.

Basilikum und Thymian,
Die darf ich nicht vergessen,
Sie reichern meine Speisen an.
So schmeckt mir erst mein Essen.

Kommt jetzt noch Bohnenkraut dazu,
Und Salbei, Lorbeerblätter,
Ist das frugalste Mahl im Nu
Ein Essen für die Götter.

Dienstag, 26. Februar 2008

Neue Götter braucht das Land


Bild: Heinrich Wilhelm Trübner,
Buchen bei Bernried, 1871, (zeo.org)

Neue Götter braucht das Land

Schon sind die Götter alle tot,
Die wir erfunden hatten.
Es wachsen neue aus der Not,
Und nicht grad für die Satten.

Sie sind nicht lieb und brav zuhaus,
Sie fletschen ihre Zähne,
Doch diese fallen ihnen aus:
Wir haben andre Pläne.

Die Götter heute, die ich fand,
Sind alles nur Versuche.
Nein, Neue Götter braucht das Land!
Der erste sei die Buche.

Montag, 25. Februar 2008

Die Maske


Bild: Lovis Corinth, Die schwarze Maske, 1908, (zeno.org)

Die Maske

Wieder sind es leere Hände,
Mehr als Worte hab ich nicht;
Schreibe sie auf Innenwände:
Draußen zeigt man kein Gesicht.

Deine Masken kenn ich alle,
Hab sie alle schon getragen.
Wann verlassen wir die Falle,
Ohne nach dem Speck zu fragen?

Meine Masken kannst du sehen,
Was ich zeigen will und kann.
Irgendwann wirst du verstehen,
Du verstehst mich – irgendwann.

Sonntag, 24. Februar 2008

François Villon


Bild:
François Villon nach einem Holzschnitt, 1489, (zeno.org)
François Villon

Da les ich den François Villon,
Das ist ein eigen Ding,
Denn schließlich schreibt er Papillon,
Und ich les Schmetterling.

Den Frühling hat er auch gemocht,
Ich liebe seine Zeilen,
Und werde auch beim Kerzendocht,
Mit ihm noch etwas weilen:

„Quatrain
Je suis Françoys, dont il me poise,
Né de Paris emprès Pontoise,
Et de la corde d'une toise
Sçaura mon col que mon cul poise”.

Frühling für Dich


Bild: Arnold Böcklin, Frühling, 1875, (zeno.org)

Frühling für Dich

Hunderte, nein tausend Stunden
Siehst du weiß und schwarz, nie Farben.
Tags, da leugnest du die Wunden,
In der Nacht zählst du die Narben.

Schau, die ersten Frühlingsboten!
Denkst du jetzt in schwarz und weiß?
Lockere die Seelenknoten!
So nur, schließt du deinen Kreis.

Samstag, 23. Februar 2008

Die düstere Kirche


Bild: Carl Spitzweg, Der Gang zur Kirche, 1860, (zeno.org)

Die düstere Kirche

Dort, im traurigsten Haus der Stadt,
Haben sie ihren Gott eingesperrt.
Jetzt fürchten sie beide,
Den Gotteskerker
Und seinen Bewohner.

Nie war ihr Gott unter ihnen.
Sie besuchen ihn
Nur manchmal.

Was für ein hilfloses Etwas
Ist ihr Gott denn,
Dass er sich
Einsperren lässt
In ein dunkles, kaltes Verlies?

Vincent van Gogh


Bild: Vincent Willem van Gogh,
Selbstbildnis mit abgeschnittenem Ohr, 1889, (zeno.org)

Vincent van Gogh

Ich schneide mir das Ohr nicht ab,
Noch bin ich ganz zufrieden.
Auch wenn ich keinen Groschen hab:
Rasieren wird vermieden.

Der Vincent tat ´s nicht aus Versehn,
Er musste sich verschandeln.
Und heute kann ich auch verstehn,
Wie manche Künstler handeln.

Es geht nicht um die bloße Not,
Die viele Künstler kennen.
Wir malen, schreiben ohne Brot,
Und können ´s nicht benennen.

Beziehungskiste


Bild: Paul Sérusier, Der Talisman,
(Landschaft mit dem Wald der Liebe in Pont-Aven),
1888, (zeno.0rg)

Beziehungskiste

Zur Hälfte will man ins Wasser gehn,
Zur Hälfte jauchzen die Engel.
Die Hälften können sich nicht verstehn,
Sie sehen am Andern die Mängel.

Dann alle vier Hälften in einem Raum
Ist Himmel und Hölle in einem.
Zum Ganzen werden bleibt ein Traum,
Und nützen wird es keinem.

Freitag, 22. Februar 2008

Für Gabriele Brunsch


Foto: Anja Müller

Für Gabriele Brunsch

Immer will ich noch mal lesen,
Was in deinen Bildern stand. -
Beide sind wir dort gewesen,
Wo die Lyrik uns erfand.

Kenn dich nicht, nur deine Worte,
Lyrik die mir nahe geht,
Zeigst mir längst bekannte Orte,
Dass mein Innen sie versteht.

Möglichkeiten


Bild: Im Stadtpark in Springe, Foto: Anja Müller

Möglichkeiten

Beim Spaziergang im Stadtpark
Lag ein bisschen Zeit herum.
Gedankenverloren steckte ich
Den kostbaren Fund
In die Tasche.
Zuhause legte ich diesen Schatz
Sanft zu meinen Büchern.
Irgendwann werde ich
Ihn schon einzutauschen wissen,
Und dann …

Zärtliche Beschimpfung


Bild: Fernand Khnopff,
Kunst: Die Zärtlichkeit der Sphinx, 1896, (zeno.org)

Zärtliche Beschimpfung

Was ich schweigend sagen kann,
Will ich nicht in Worte kleiden.
Später, später – irgendwann,
Werden selbst die Worte scheiden.

Trennen sich von dir und mir,
Führend ganz ihr Eigenleben,
Und erwachen auf Papier,
Um wer weiß wohin zu streben. –

Was ich sage ist so nackt,
Dass ich ´s nicht in Sprache kleide.
Wäre es darin verpackt,
Tät ich Wörtern was zuleide.

Im Innern


Bild: Pierre-Auguste Renoir, Die Böe, 1872,
(zeno.org)

Im Innern.

So ist mir: inseelig.
Insel seelig,
Inselig.

Ich, die Insel,
Und die Seele.

Donnerstag, 21. Februar 2008

Der Augenblick


Bild: August Macke, Augenblick auf dem Fluss,
1913, (zeno.org)

Der Augenblick

Was denn ist ein Augenblick
Für jemanden der sonst nichts hat?
Ein Stück Zeit, ein Nichts, ein Trick?
Löscht den Durst nicht, macht nicht satt.
Aber dieser Augenblick,
Ist – jetzt grade – das Geschick!

Mittwoch, 20. Februar 2008

Kalendernotiz

Die Vögel
Singen auch,
Wenn die Fenster
Geschlossen sind.

Öffne ich
Aber die Fenster weit,
Singen sie
Nur für mich!

Abendrot


Bild: Anselm Feuerbach, Selbstbildnis mit Turm im Abendrot,
1846, (zeno.org)

Abendrot

Dur irrst, ich bin kein Wegekenner,
Ich weiß nur von den eignen Pfaden,
Nicht besser als die andern Männer,
Und ich kam oft genug zu Schaden.

Wie soll ich deine Wege wissen,
Die ich nur leise ahnen kann?
Auch ich bin innerlich zerrissen,
Wie jede Frau, wie jeder Mann.

Sieh dort! Der Wald im Abendrot
Lebt heftig auf, bevor er ruht.
Er bleibt lebendig, ist nicht tot;
Vielleicht liegt darin ja sein Mut.

Zwielicht


Bild: Childe Hassam, Boston im Zwielicht,
1885/86, (zeno.org)

Zwielicht

Strebt die Seele stets nach Licht?
Aber nein! Das tut sie nicht,
Manche flieht vor hellen Strahlen,
Leidet darin Höllenqualen,
Will die vielen dunklen Flecken,
Vor dem grellen Licht verstecken.

Viele Seelen suchen Schatten;
Vor den Lichtern, die sie hatten,
Flüchten sie in dunkle Zonen,
Um in Ruhe dort zu wohnen, -
Doch es sind die allermeisten,
Die sich nur ein Zwielicht leisten.

Dienstag, 19. Februar 2008

Abends


Bild: August Macke, Abend, 1912, (zeno.org)

Abends

Ich geh nicht raus, lass keinen rein,
So ist mir halt zumut.
Es ist so schön allein zu sein,
Wenn alle Arbeit ruht.

Gesellschaft brauch ich heute nicht,
Ich hab ja meine Bücher,
Und packe mir bei Kerzenlicht
Den Tag in trockne Tücher.

Mitternacht


Bild: Jacek Malczewski, Künster und Muse, (zeno.org)

Mitternacht

Ich grüß dich, meine Mitternacht,
Beginn der Geisterstunde.
Lange habe ich gewacht,
Dass aus deinem Munde
Meine Geister wieder sprechen,
Das verfluchte Schweigen brechen.

Deine Geister leben jetzt,
Die Gespenster auch.
Freudig bin ich, nicht entsetzt,
Ich – und auch mein Bauch.

Montag, 18. Februar 2008

Hühnerbrühe?


Bild: Felix Vallotton, Die Kranke, 1892, (zeno.org)

Hühnerbrühe?

Husten, Fieber in der Frühe –
Was jetzt hilft ist Hühnerbrühe.
Meine Oma wusste schon,
Besser noch ist Rindsbouillon.
Dazu gab ´s Kamillentee –
Und ein Bonbon fürs Wehweh.

Für Emily


Bild: Emily Dickinson um 1850,
Das Foto wurde erst im Jahre 2000 entdeckt,
(wikipedia.org)

Für Emily

Frühling – ein Versuch in Grün,
Hat die Dickinson geschrieben.
Wenn die Apfelbäume blühn,
Ist ´s nicht beim Versuch geblieben.

Lieber als die Winterzeit,
Mit den kurzen dunklen Tagen,
Mag ich ´s, wenn es Blüten schneit,
Werd ich Emily mal fragen.

Blasmusik


Bild: Deutsche Blaskapelle in New York 1876, (wikipedia.org)

Blasmusik

Im Nachbarhaus droht Blasmusik
Den Tag mir zu versauen,
Und ich versuche ohne Glück
Die Töne zu verdauen.

Wo bleibt bloß meine Toleranz
Bei Fragen des Geschmacks?
Die Nachbarn spielen auf zum Tanz,
Und ich krieg einen Knacks.

Charaktermond


Bild: Sun K'o-hung,
Gewählte Vergnügungen für Mußestunden,
Detail: Der aufgehende Mond, 1555 bis 1610, (zeno.org)

Charaktermond

Nein, der Mond ist niemals gütig.
Manchmal ist er übermütig,
Steckt verschmitzt sich hinter Bäume,
Hinter Wolken, hinter Träume;
Dann verlacht er seine Schar,
Leuchtet wieder hell und klar.

Sonntag, 17. Februar 2008

Winterlied


Bild: Claude Monet, Bäume im Winter, 1887,
(zeno.org)

Winterlied

Ungeduldig warte ich
Auf die Vögel aus dem Süden.
Kälte! - Sie ermüdet mich
Und ich möchte nicht ermüden.

Wenn der Mond sich wieder füllt,
Wart ich, dass er leerer wird.
Und der Winternebel hüllt
Alles ein, was sich verirrt.

Warum irrt nur die Geduld
Durch den Winter, durch die Stadt?
Nein, der Mond hat keine Schuld,
Nur die Kälte hat er satt.

Feigheit


Bild: William Blake, Das Gespenst eines Flohs,
1819-20, (zeno.org)

Feigheit

Die Ängste hast du ja verjagt,
Jetzt hast du Angst vor Ängsten.
Vielleicht auch, weil ´s dir so behagt,
Denkst: Feigheit währt am längsten.

Doch Feigheit hat so gar kein Ziel,
Nicht mal sich selbst zu wehren.
Und wenn du glaubst, das sei ein Spiel,
Dann wird es ewig währen.

---

Sonntagsspruch

Besser kalt und so wie jetzt! –
Was sich aufs Gemüt mir setzt,
Ist das graue Einerlei,
Als ob gar kein Wetter sei.

Kalte Nacht


Bild: William-Adolphe Bougereau,
Gänseblümchen, 1894, (wikicommons.org)

Kalte Nacht

Gänseblümchen, viele tausend,
Sind heut Nacht erfroren.
Klarer Himmel, kalt und grausend,
Keine werden heut geboren.

Sternenbilder aber stehen
Heller leuchtend über mir,
Und meine Gedanken gehen
Tief nach innen, und ich frier.

Samstag, 16. Februar 2008

Der Kittel


Bild: Vincent Willem van Gogh,
Ein Paar Schuhe, 1886, (zeno.org)

Der Kittel

Dort am Haken der Kittel schläft.
Heute hat er nichts zu tun,
Gestern musst er auch schon ruhn,
Er gehört zu jenen Schuh´n,
Doch der alte Kittel schläft.

Mozartfarben


Bild: Der sogenannte "Hagenauer Mozart",
unbekannter Künstler um 1785, (wikicommons.org)

Mozartfarben

Kennst du die Farben von a-moll?
Nicht, dass es nur eine wäre,
Nicht das dumpfe, feuchte, schwere,
Das dich weinen machen soll?

Nein, den leichten Mozartton!
Der mit seiner ganzen Macht
Übrig bleibt aus einer Nacht,
Dich becirct, als Illusion!

Der Konsequente


Bild: Optische Täuschung, (alle drei Paare sind gleichgroß),
wikipedia.org

Der Konsequente

„Hach, wie die Zeit schon wieder rennt;
Ich bin so schrecklich konsequent,
Und muss noch so viel machen.
Für dich, da hab ich keine Zeit,
Ich bin so pfiffig und gescheit,
Hab keine Zeit zum Lachen.“

Dann hat ihn etwas umgehauen
Und keiner hatte mehr Vertrauen
Zu seinen wilden Tänzen.
Da war die Zeit, doch nichts zu tun,
Er konnt nicht in sich selber ruhn,
Mit allen Konsequenzen.

Mary Jane


Bild: Eugen Bracht, Herbst im Kranichsteiner Park,
1903 bis 1908, (zeno.org)

Mary Jane
(Rekonstruktion eines Gedichts aus dem Jahr 1983)

Der Park ist leer,
Die Bänke nass
Und nebelschwer
Das braune Gras.

Dort saß ich einst mit dir.

Du wusstest nicht
Was ich so trieb,
Und dein Gesicht
So schön und lieb,

Das seh ich jetzt vor mir.

Was tu ich hier
Im nassen Park?
Ist meine Gier,
So groß und stark,

Dass ich noch nicht mal frier?

Freitag, 15. Februar 2008

Winterspaziergang


Bild: Claude Monet, Straße nach Vetheuil im Winter,
1879, (zeno.org)

Winterspaziergang

Die kalte Luft berauscht mich fast,
Ich trinke sie in vollen Zügen,
Und schon vergess ich jede Last. -
Wie kann der Winter mir genügen?

Der Winter, wenn die Wälder schweigen,
Wenn Raben auf den Feldern hocken,
Wenn sich die Blumen noch nicht zeigen,
Und keine Frühlingsdüfte locken?

Doch sie tut gut, die kalte Luft,
Das blendend grelle Winterlicht
Verspricht den ersten Frühlingsduft,
Und brennt mir Röte ins Gesicht.

Für U.


Bild: William Hogarth, Beerstreet,
Stahlstich um 1806, (zeno.org)

Für U.

Wenn man ein Problem ersäuft,
Ganz besonders jene schlimmen,
Merkt man wie der Hase läuft:
Die Probleme können schwimmen!

Die Unbekannte


Bild: Eustache Le Sueur,
Die Musen Clio, Euterpe und Thalia, 1640 bis 1645,
(zeno.org)

Die Unbekannte
(für Euterpe)


Sie, die ich bezaubern will
Habe ich noch nie gesehen.
Darum war ich lange still,
Konnte selber nichts verstehen.

Jetzt ist mir, als ob sie stünde
Neben meiner Tastatur.
Ich begeh die kleine Sünde
Und beacht sie nicht – ganz stur.

Doch sie raunt in meine Ohren:
„Schreibe weiter, schreibe fort.
Beinah wäre ich erfroren,
Jetzt wird ´s wärmer, Wort für Wort.“

Donnerstag, 14. Februar 2008

Valentinstag


Bild: Valentinsgruß,
Englischer Lithograph um 1850, (zeno.org)

Valentinstag

Valentin, ach Valentin!
Auch wenn tausend Rosen blühn,
Die die Liebenden sich schenken,
Weil sie grad mal an sich denken,
Bist du doch wie Halloween,
Oder wie der Muttertag,
Den ich auch nicht richtig mag.

Winter ade


Bild: Vincent Willem van Gogh, Weinende Frau,
1883, (zeno.org)

Winter ade!

Jammergrauer Wintermorgen,
Du verschrumpelter Despot,
Willst noch mal für Unmut sorgen,
Jammerst, weil dir Frühjahr droht!

Bald schon bist du abgeschrieben;
Niemand weint dir Tränen nach;
Bist dir selbst nicht treu geblieben,
Nur noch grau und altersschwach.

Gewitterlachen


Bild: Gustav Klimt, Aufziehendes Gewitter,
(Die große Pappel II), 1903, (zeno.org)

Gewitterlachen

Schweige so laut du kannst,
Schweige nicht, wenn du musst.
Wenn du alleine tanzt,
Sei dir dein Schweigen bewusst.

Lache nur, wenn du weinst,
Aber weine nie bitter;
Lache das, was du meinst,
Lache bei jedem Gewitter.

Schweige, der Donner ist laut.
Siehst du die grellen Blitze?
Wenn man direkt in sie schaut,
Spürt man beinahe die Hitze.

Mittwoch, 13. Februar 2008

Das Kuckucksprinzip


Wikipedia.org

Das Kuckucksprinzip

Der Kuckuck legt schon aus Prinzip
Sein Ei ins fremde Nest.
Ein fremdes Nest ist ihm so lieb,
Dass er dort brüten lässt.

Doch wo der Kuckuck selber ruht,
Das wird man kaum entdecken,
Er würde sonst die eigne Brut
Ins fremde Nest nicht stecken.

Dienstag, 12. Februar 2008

Tantenmörder


Bild: William Hogarth,
Der Dichter in Not, 1736-37, (zeno.org)

Tantenmörder
(Antwort an Frank Wedekind)

Meine Tante schlacht ich nicht,
Schlachte du doch deine!
Deine Tante hat die Gicht
Und zu dicke Beine.

Meine Tante, süß und lieb,
Nicht so bös wie deine.
Ach, die Brieflein, die sie schrieb!
Und die schönen Beine.

Deine kannst du alle machen,
Meine ist sehr nett.
Deine ist ein alter Drachen
Und auch nichts fürs Bett.

Heidelbeerkuchen


Heidelbeerkuchen!

Schlachte keine Heidelbeeren!
Das gibt eine Sauerei.
Heideln soll man ganz verzehren,
Nicht als Müsli oder Brei.

Oder backe einen Kuchen.
Bittre Süße, oh wie lecker!
Ja, das solltest du versuchen,
Nicht das elende Geklecker!

Meine Elisabeth Kulmann


Meine Elisabeth Kulmann

Dass ich sie liebe, weiß sie kaum;
Sie ist ja auch schon lange tot.
Ich treff sie immer nachts im Traum,
Verlass sie dann im Morgenrot.

Sie rührt mich immer zärtlich an,
Halb Mädchen noch, und doch als Frau.
Wenn ich sie nicht erträumen kann,
Dann weil ich mir nicht immer trau.

Geiz ist nicht geil!

Geilheit ist nicht immer toll,
Sondern nur wenn ´s geil sein soll.
„Geiz ist geil“, das ist saublöde,
Denn der Geiz ist immer öde;
Und was ihr auch immer sagt,
Geiz ist keine Schäppchenjagd

Paris Hilton und so weiter


Paris Hilton und so weiter

Geld wie Heu und Stroh im Kopf,
Und da trenn ich armer Tropf
Noch die Spreu vom Weizen!
Während sie die Sau raus lassen,
Muss ich mich bescheiden fassen,
Spare noch beim Heizen. -

Lass sie ruhig die Welt aufgeilen,
Ich will an den Wörtern feilen,
Bin ja mitten drin.
Ach, für Geld kann man nur kaufen,
Was sich fressen lässt und saufen,
Keinen Lebenssinn.

Achtung Kunstsammler!


Vincent van Gogh, Blühende Kastanienzweige, zur Zeit nicht mehr in Zürich

Wenn euch dieses Gemälde für unter 1000 Euro angeboten wird, solltet ihr zuschlagen. Es ist zwar geklaut, aber saugünstig.

Montag, 11. Februar 2008

Der alte Schuh


Bild: Edgar Germain Hilaire Degas,
Tänzerin in einen Schuh schlüpfend,
1874, (zeno.org)

Der alte Schuh

Möglichkeiten, Möglichkeiten,
Lass es bleiben oder tu es,
Alte Zeiten, neue Zeiten,
Absatz eines alten Schuhes.
Weißt du denn wozu es
Sohlen braucht zum weiter schreiten?
Möglichkeiten, Möglichkeiten!

Zwei Welten und noch eine


Bild: Irische Hungernot im 19. Harhundert,
Illustrated London News, 22. Dez. 1849,
(zeno.org)

Zwei Welten und noch eine

I

Die Vegetarier sind wir
Und beißen auch ins Gras.
Wir essen niemals nicht ein Tier
Und haben wenig Spaß.

II

Wir essen alles, was uns schmeckt,
Bei Steinen geht das nicht;
Sonst hätten wir ´s schon längst entdeckt,
Das marmorne Gericht.

III

Wir essen auch, wenn ´s etwas gibt,
Doch nicht, weil wir ´s so wollen.
Auch Gras ist bei uns so beliebt,
Dass Kinderbäuche quollen.

Kartenhaus


Wikicommons.org

Kartenhaus

Deine Karten sind gemischt,
Nicht von dir, das weißt du schon;
Bilder hast du weggewischt:
Alles eine Illusion.

Du kannst schweigen, du kannst sprechen,
Beides kommt aus dir heraus,
Kannst an beiden auch zerbrechen,
Leichter als dein Kartenhaus.

Mein Vorsprung


Bild: Domenico Fetti,
Das Gleichnis vom verlorenen Groschen,
17. Jh., (zeno.org)

Mein Vorsprung

Ach, ich bin so dumm wie du,
Darum lern ich was dazu.
Wenn ich es dann fertig brächte,
Dass ich etwas besser dächte,
Wär ich schlauer noch als du:
Darum lerne ich dazu.

Meist jedoch bin ich zu faul,
Darum halte ich mein Maul,
Denn dann kann mir nicht passieren,
Mich wie andre zu blamieren. -
Wenn man blöde ist und schweigt,
Ist ´s als ob man Schlauheit zeigt.