Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

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Freitag, 31. Oktober 2008

Oktoberende


Bild: Eugen Bracht, Spiegelung, 1916, (zeno.org)

Oktoberende


Stör mich nicht, Ich jäte.

Wenn ich mich verspäte,

Warte nicht auf mich.

Mein Gedankengarten

Kann jetzt nicht mehr warten,

Keinen Federstrich.


Späte Herbstzeitlosen,

Wollte ich liebkosen,

Astern sind verblüht.

Und an meinem Teiche

Blättert schon die Eiche

Mir auf das Gemüt.


Was die Pflanzen sagen,

Muss ich keinen fragen,

Und es wird schon kalt.

Bald sind kahle Bäume

Mein Gerüst für Träume

Hier im Zauberwald.


Donnerstag, 30. Oktober 2008

Zugvogellied


Bild: Albrecht Dürer, Storch, um 1500, (zeno.org)

Zugvogellied


Ich glaub nicht viel.

Doch was ich glaub,

Ist, mit Verlaub,

Zugleich mein Ziel.


Kleinigkeiten


Bild: Lesser Ury, Dame im Kaffeehaus, 1919/21, (wikicommons.org)

Kleinigkeiten


Ich bestelle mir Kaffee;

Als ich das Tablett dann seh’,

Sind zwei Kekse mit dabei.

Dass ich mich darüber freue,

Und ein „Danke schön“ nicht scheue,

Ist wie kleine Zauberei.


Niemand kann im Ernst bestreiten,

Es sind diese Kleinigkeiten,

Die das Leben freundlich malen.

Auf dem Tisch ein Kerzenlicht,

Und ein Lächeln im Gesicht,

Sag, wer könnte das bezahlen?


Mittwoch, 29. Oktober 2008

Ende Oktober, fragmentarisch


Bild: Grußkarte aus dem Jahr 1904, Zeichnung von Ellen Clapsaddle, (wikicommons.org)

Ende Oktober, fragmentarisch


Ja, jetzt kommt bald der Martinstag.

Obwohl ich gerne Gänse mag,

Tun mir die Viecher jetzt schon leid,

In dieser dunklen Jahreszeit.

Ich mag sie halt, auch wenn se

Geschlachtet wer’n die Gänse.


Sie laufen mit Laternen rum

Die Nachbarskinder, aber stumm;

Sie singen nicht Laterne,

Sonne, Mond und Sterne,

Und mag sie doch, die Kleinen,

Auch wenn sie manchmal greinen.


Die Geister die durchs Viertel ziehn,

Sind zugedröhnt vom Heroin.

Sie feiern immer Halloween,

So lange bis sie nicht mehr ziehn.

Auch wenn ich ´s oft bereute,

Ich mag sie doch, die Leute.


Dienstag, 28. Oktober 2008

Promiskuität am Teich


Bild: John William Godward, Die Muse Erato an ihrer Lyra, um 1900 (?), (wikicommons.org)

Promiskuität am Teich


Da spiel ich mit der Phantasie,

Warum soll ich nicht spielen!

Sie ist ein Freund der Poesie,

Und auch der Freund von vielen.


Ich gehe um den Teich herum,

Der da ist, und auch nicht.

Er spricht zu mir, bleibt niemals stumm,

Und schenkt mir ein Gedicht.


Die Muse merkt ´s und wird ganz blass

Vor Neid und Eifersucht,

Und sagt mir unter Tränen dass

Sie mich heut Nacht besucht.


So hab ich nicht die eine nur,

Ich habe auch die andre,

Wenn ich auf der Gedankenspur

Um meinen Teich rum wandre.


Montag, 27. Oktober 2008

Mit den Spatzen


Bild: Taiso Yoshitoshi, Fujiwara no Sanekatas Obsession mit den Spatzen, 19. Jh., (wikicommons.org)

Mit den Spatzen


Ach, manchmal macht es wenig Spaß

Im Herbst herum zu fliegen.

Es ist zu windig, kühl und nass,

Was wir zu sehen kriegen.


Vor meinem Fenster schimpft ein Spatz;

Ich kann ihn gut verstehen.

Er schimpft aufs Wetter und die Katz;

Ich glaub ´s ihm unbesehen.


Zwar flieg’ ich nicht, ich lauf nur rum,

Und fürchte keine Katzen;

Im Regen ist mir das zu dumm,

Dann halt’ ich ´s mit den Spatzen.


Sonntag, 26. Oktober 2008

Wieso Trolle am Teich?


Bild: Theodor Kittelsen, Noekken, 1904, (wikicommons.org)

Wieso Trolle am Teich?


Die Fee hat einen Troll gefragt,

Dann hat sie mir berichtet:

Was man von Trollen weiß und sagt,

Ist meistens nur gedichtet.


Was wirklich ist, und was geträumt,

Das kann ich oft nicht sagen.

So manches Mal hab ich versäumt,

Die gute Fee zu fragen.


Die Fee ist eine Wirklichkeit

Für mich, und dich allein,

Und Trolle gibt ´s von Zeit zu Zeit. -

Na ja, es könnte sein.


Samstag, 25. Oktober 2008

Die Trolle


Bild: John Bauer, "Schau die dir an, sagte die Trollmutter. Schau auf meine Söhne. Du wirst keine hüscheren Trolle auf dieser Seite des Mondes finden.", 1915, (wikicommons.org)

Die Trolle


Am Teich wohnt nicht nur meine Fee,

Oh nein! Auch mancher Troll.

Und wenn ich die Gestalten seh’,

Die ich nicht sehen soll,


Dann wird mir sonderbar zumut.

Sie müssen immer scherzen,

Sie sind nicht schlecht, sie sind nicht gut,

Und ich nehm ´s mir zu Herzen.


So ist ´s am Teich, im Zauberwald,

Genauso wie im Leben,

Dem Echo das herüberhallt

Hab’ ich den Schubs gegeben.


Freitag, 24. Oktober 2008

Baum und Vogel - Der belauschte Abschied


Bild: Gustav Klimt, Birkenwald, 1903, (zeno.org)

Baum und Vogel – Der belauschte Abschied


„Was siehst du mich so närrisch an?

Ich bin ´s dein alter Baum!“

„Du hast so wenig Blätter dran,

Und ich erkenn dich kaum.“


„Die Jahreszeit ist daran schuld,

Sie hat mich ausgezogen.

Du hast ja selber kaum Geduld;

Bald bist du fort geflogen.“


„Ich mag den Winter nicht, du weißt,

Da find’ ich nichts zum Fressen,

Doch wenn du selber Blätter schneist,

Dann sollst du mich vergessen.“


„Im Frühjahr bist du wieder hier;

Ich mach mich für dich fein,

Und jetzt flieg fort, was willst du hier?

Bald werd ich nackig sein.“


Donnerstag, 23. Oktober 2008

Wie er es wurde


Bild: Titelblatt der Zeitschrift "Die Jugend", Nr. 7, 1906, (wikicommons.org)

Wie er es wurde


Als Junge liebt' er ein Mädchen,

Es war die alte Geschichte,

Sie spann ein anderes Fädchen,

Und seither schrieb er Gedichte.


Er schrieb sie in seiner Kammer

Für sich nur und ganz allein,

Gedichte von Elend und Jammer,

Und schwelgte im Unglücklichsein.


Er wurde ein großer Dichter,

Ihr wisst schon bestimmt wen ich meine,

Romantik, Romantikvernichter

In einem; das war Heinrich Heine.


Unsinn im Herbst


Bild: Carl Spitzweg, Der Sonntagsjäger, um 1845, (wikicommons.org)

Unsinn im Herbst


Im Herbst ist ´s niemals aufgeräumt,

Es liegen ständig Blätter rum.

Wer jetzt von saub´ren Wegen träumt,

Der fegt bis zum Delirium.


Gefahr im Sommer der Altweiber!,

Es zittern Hase, Fuchs und Hirsch,

Durch bunte Wälder streifen Treiber,

Die Bonzen gehen auf die Pirsch.


Des Abends dann im Kämmerlein,

Trink ich gemütlich meinen Tee,

Und freue mich bei Kerzenschein,

Dass ich den Unsinn nicht mehr seh’.


Mittwoch, 22. Oktober 2008

Das letzte Hemd


Bild: Joseph-Noel Sylvestre, Senecas Tod, 1875, (wikicommons.org)

Das letzte Hemd

(Beim Lesen von Seneca)


Sich selber fremd und immer fremd,

Man kann sich dran gewöhnen,

Trägt arrogant das letzte Hemd,

Anstatt sich zu versöhnen,


Versöhnen mit der Welt und sich,

Und ohne zu verstecken,

Wie auf der Welt ganz fürchterlich

Die Menschen oft verrecken,


Dass man am Ende gar nichts weiß,

Auch wenn man ständig plant,

Und sich bewegt und dreht im Kreis,

Den man nur leise ahnt,


Das letzte Hemd ganz taschenlos,

Und eine Nummer größer,

Man wartet darin nackt und bloß,

Worauf? Auf den Erlöser.


Dienstag, 21. Oktober 2008

Von der Zeit


Bild: Katsuschika Hokusai, Ausruhender Holzfäller, 18./19. Jh., (zeno.org)

Von der Zeit


Die Zeit schreibt

In verschiedenen Alphabeten,

Ihre Schrift der Jahre

Ist leicht zu lesen,

Schwer zu verstehen.


Die Zeit spricht

In allen Sprachen,

Und leise und laut,

Und immer

Zu dir persönlich.


Die Zeit ist nicht

Langsam,

Nicht schnell,

Sie kennt

Nur deine Geschwindigkeit.


Montag, 20. Oktober 2008

Zum heutigen Geburtstag von Arthur Rimbaud


Bild: Felix Vallotton, Arthur Rimbaud, 1896, (zeno.org)

Zum heutigen Geburtstag von Arthur Rimbaud


Voyelles


A noir, E blanc, I rouge, U vert, O bleu, voyelles,

Je dirai quelque jour vos naissances latentes:

A, noir corset velu des mouches éclatantes

Qui bombinent autour des puanteurs cruelles,


Golfes d'ombre; E, candeurs des vapeurs et des tentes,

Lances des glaciers fiers, rois blancs, frissons d'ombelles;

I, pourpres, sang craché, rire des lèvres belles

Dans la colère ou les ivresses pénitentes;


U, cycles, vibrements divins des mers virides,

Paix des pâtis semés d'animaux, paix des rides

Que l'alchimie imprime aux grands fronts studieux;


O, suprême Clairon plein des strideurs étranges,

Silences traversés des Mondes et des Anges:

- O l'Oméga, rayon violet des Ses Yeux!


Die Übersetzung von Stefan George:


Vokale


A schwarz E weiß I rot U grün O blau - vokale

Einst werd ich euren dunklen ursprung offenbaren:

A: schwarzer samtiger panzer dichter mückenscharen

Die über grausem stanke schwirren · schattentale.


E: helligkeit von dämpfen und gespannten leinen ·

Speer stolzer gletscher · blanker fürsten · wehn von dolden.

I: purpurn ausgespienes blut gelach der Holden

Im zorn und in der trunkenheit der peinen.


U: räder · grünlicher gewässer göttlich kreisen

Ruh herdenübersäter weiden · ruh der weisen

Auf deren stirne schwarzkunst drückt das mal.


O: seltsames gezisch erhabener posaunen ·

Einöden durch die erd- und himmelsgeister raunen.

Omega - ihrer augen veilchenblauer strahl.


Die Alraune - eine Verrätselung


Bild: Edward Burne-Jones, Die Verführung des Zauberers Merlin, 1874, (zeno.org)

Die Alraune – eine Verrätselung


Zu dunkel ist mir heut der Tag,

Vom Ausruhn bin ich müde,

Und hör’, weil ich nicht schlafen mag,

Rachmaninows Etüde.


Ich höre sie zum zehnten Mal

In meiner Dunkellaune.

Was später kommt ist mir egal,

Dann frag ich die Alraune.


„Komm, Wurzel aus dem Dunkelreich,

Hilf mir aus diesem Dösen,

Und zeige mir den Weg zum Teich,

Der wird mich dann erlösen.“


Der Mond erscheint mir groß und bleich,

So dass ich wieder staune.

Er leuchtet mir den Weg zum Teich,

Dort find’ ich – die Alraune.


Sonntag, 19. Oktober 2008

Der Tag


Bild: Ferdinand Hodler, Der Tag, 1900, (zeno.org)

Der Tag


Der Tag

An dem die Dinge

Beginnen sollten

Heißt

Morgen.


Der Tag

An dem die Geschehnisse

Wirklich anfangen

Heißt

Heute.


Und die wichtigste Stunde

Heißt

Jetzt.


Der Reiher


Bild: Iwan Iwanowitsch Schischkin, Waldlandschaft mit Reiher, 1870, (zeno.org)

Der Reiher


Es wird ein neues Lied

Für mich am Teich geschrieben.

Der Reiher der jetzt zieht,

Er wäre sonst geblieben.


Die Farben, ungeheuer,

Das große Blättermeer,

Es brennt der Wald wie Feuer. -

Bald ist er grau und leer.


Ich weiß um jene Zeiten,

Wenn alles innehält. -

Mein Teich wird mich begleiten,

Auch wenn der Nebel fällt.


Samstag, 18. Oktober 2008

Freundlich und höflich


Bild: 16. Auflage des berühmten, aber selten gelesenen Buches. (wikicommons.org)

Freundlich und höflich


Freundlichkeit – die streb’ ich an,

Höflich bin ich meistens auch,

Immer nur so wie ich kann;

Wie das geht sagt mir mein Bauch.


Leider hat sich ´s so gefügt,

Dass es als sehr höflich gilt,

Wenn man andere belügt,

Anstatt dass man diese schilt.


Höflich sein ist nicht sehr schwer,

Das gelingt mir meistens schon.

Dass das immer freundlich wär’,

Wäre eine Illusion.


Freitag, 17. Oktober 2008

Herbstreim


Bild: Jean-Baptiste Siméon Chardin, Die Teetrinkerin, 2. Drittel 18. Jh., (wikicommons.org)

Herbstreim


Ein Herbsttag, wie er manchmal ist,

Verregnet, düster, kühl und trist,

Soll mir die Stimmung nicht vermiesen.

Ich kann ihn ja zuhaus genießen.


Musik von schweren Regentropfen,

Die dann an meine Fenster klopfen,

Genieße ich bei heißem Tee,

Und sage mir, es ist okay.


Es muss auch solche Tage geben,

Da ist ein auf und ab im Leben.

Und während dunkle Wolken ziehn,

Freu ich mich auch auf Halloween.