Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

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Sonntag, 31. Mai 2009

Zum Ende von Schwijess – (Schawuot)


Bild: Szymon Buchbinder, Betender Rabbiner, um 1900, (wikicommons.org)

Zum Ende von Schwijess – (Schawuot)


Dieser Augenblick,

Diese Minute –

Nur ein Stellvertreter

Für die Stunde,

Die Stunde für den Tag,

Der Tag –

Für alle Zeit.


Vom Meer der Erkenntnis

Habe ich immer nur

Diesen Augenblick.

Mehr

Brauche ich nicht.


Der große Bär


Bild: Vincent Willem van Gogh, Sternennacht über der Rhone, 1888, (wikicommons.org)

Der große Bär


Großer Bär, versteck dich nicht

Hinter Wolkenschildern.

Dreh dich bis zum Morgenlicht

Mit den Sternenbildern,


Bilder, heiter, fast frivol -

Bis zur Morgensonne

Drehst du um den Himmelspol

Einen Kreis mit Wonne.


Weil der Mond im Teich versinkt,

Darum strahlst du gerne,

Und wenn mir der Mond ertrinkt,

Hab ich ja die Sterne.


So wie deine Bahn verläuft

In der klaren Nacht,

Hast du, weil mein Mond ersäuft,

Freude mir gebracht.


Samstag, 30. Mai 2009

Die Himmelsperlen


Bild: Jan Vermeer van Delft, Die Perlenwägerin, um 1665, (wikicommons.org)

Die Himmelsperlen


Er schenkt mir Perlen tausendfach,

Der kleine Hagelschauer.

Sie prasseln alle mir aufs Dach,

Sind leider nicht von Dauer.


Dir schenke ich die Perlen gern,

Mehr kann ich dir nicht reichen.

Was tät ich, wenn es echte wär’n,

Mit diesen Liebeszeichen?


Drum schöne Frau, du musst verzeihn,

Ich kann sie dir nur zeigen;

Auf Schüre kann ich sie nicht reihn,

Weil sie zum Schmelzen neigen.


Freitag, 29. Mai 2009

Die Fledermaus II


Bild: Luis Ricardo Falero, Hexensabbath, um 1896, (wikicommons.org)

Die Fledermaus II


Es dämmern lang die Tage,

Wird erst am Morgen kühl,

Und ich versteck die Klage

Tief unten im Gefühl.


Ich seh in diesen Tagen -

Spät, falls der Mond mir scheint, -

Die Fledermäuse jagen,

Wenn nicht der Himmel weint.


Die Sonne wärmt noch alle,

Sogar die Fledermaus;

Sie singt im Ultraschalle

Und fliegt, wenn ´s dämmert, aus.


Es reift die blaue Stunde

Bis weit hinein zur Nacht.

Der Mond dreht seine Runde,

Das Fledermäuschen lacht.


Donnerstag, 28. Mai 2009

Die Kristallkugel


Bild: John William Waterhouse, Die Kristallkugel, 1902, (wikicommons.org)

Die Kristallkugel


Draußen singt die Nachtigall,

Vielleicht singt sie ja vom Glück.

Und die Kugel aus Kristall

Sucht davon ein kleines Stück.


Eine Zukunft zeigt sie nicht,

Denn die liegt in dir allein.

Dunkel bleibt sie ohne Licht,

Wenigstens durch Kerzenschein.


Höre auf die Nachtigall,

Unbekümmert ist ihr Klang,

Was der Kugel aus Kristall

Nur im Sonnenschein gelang.


Mittwoch, 27. Mai 2009

Ida Maza-Zhukovsky - zunen shtral


Bild: Annne-Francois-Louis Janmot, Das Gedicht der Seele 13 - Sonnenstrahlen, vor 1890, (wikicommons.org)

Ida Maza-Zhukovsky - zunen shtral


a zamdik bergl, a kleyner kval,

afn zamd a zunen shtral.

shmeterlingen flien, shpringen,

dreyen zikh arum in ringen;

shimerirn di kolirin

af di fligl fun di shmeterlingen.

yeder zemdl vi a diment

shpiglt zikh in kval.

vi an oysgus fun kolirn

shpreyt af alts: der zunen shtral.


Dieses Gedicht ist das literarische Debüt von

Ida. Es erschien 1925 im kanadischen

„literary journal“ erstmals.


Meine Übertragung aus dem Jiddischen:


Sonnenstrahl


Ein sandiger Hügel, eine kleine Quelle,

Auf dem Sand ein Sonnenstrahl.

Schmetterlinge fliegen, springen.

Drehen sich herum in Ringen.

Die Farben schimmern

Auf den Flügeln der Schmetterlinge.

Jedes Sandkorn ein Diamant,

Spiegelt sich in der Quelle.

Wie ein Ausguss der Farben

Verströmt sich in allem: der Sonnenstrahl.


Dienstag, 26. Mai 2009

Kinderspiele – (Boulevardskizzen 22)


Bildquelle: wikicommons.org

Kinderspiele – (Boulevardskizzen 22)


Der Sommer

Ist ausgebrochen.


Zwischen dem

Möbeldiscounter

Und dem Supermarkt,

Auf dem frische gemähten Rasen,

Spielen kleine Kinder.


Sie suchen nach

Der lilafarbenen Kuh,

Aber die ist schon auf

Urlaub im Ausland.


Montag, 25. Mai 2009

Großstadtimpressionen


Bild: Ernst Ludwig Kirchner, Berliner Straßenszene, 1913, (wikicommons.org)

Großstadtimpressionen


Halb vergeht der Tag mit träumen,

Zweite Chancen knapp versäumen,

Eine nächste Zigarette

Hängt ganz lässig schief im Munde.

Endlich kommt die blaue Stunde,

Und der Tag legt sich zu Bette.


Noch ist keinerlei Gefahr. -

Der Espresso an der Bar

Schmeckt wie eingeschlaf’ne Füße.

Neonlichter gehen an,

Draußen kreischt die Straßenbahn

Und die Nacht bringt ihre Süße.


Giftig ist sie wie Absinth.

Hohles Treiben das verrinnt,

Wie ein Regenguss im Schacht,

Eine Stadt dreht sich im Kreise,

Alles brodelt, nichts ist leise.

Eine Bordsteinschwalbe lacht,


Die am vollen Tresen zecht,

Und ihr Lachen ist so echt,

Wie die elend langen Wimpern.

Auf den Straßen wird es leer,

Und ich hör von ungefähr

Einen Pianisten klimpern.


Diesen Abend in der Stadt,

Hab ich über, hab ich satt.

Wann fährt endlich meine Bahn?

Dieses Leben im Gewimmel

Ist mir Hölle oder Himmel,

Aber immer nur ein Wahn.


Sonntag, 24. Mai 2009

Das Gewohnte


Bild: Frank Holl, Das Lied vom Hemd, 1874, (wikicommons.org)

Das Gewohnte


Sieh, mein altes Lieblingshemd

Hängt gewaschen auf dem Bügel.

Ach, das neue ist mir fremd,

Wie ein weißer Engelsflügel.


Die Gewohnheit will das alte;

Kann es denn nicht schneller trocknen,

Dass ich rasch das neue falte

Und verstecke bei den Socken?


Ob es mehr ist als Gewöhnung,

Sich im Alten wohl zu fühlen? –

Sich mit Neuem zu versöhnen

Scheint mir Sitzplatz zwischen Stühlen.


Samstag, 23. Mai 2009

Geschenke der Nacht


Bild: Simeon Solomon, Nacht, 1890, (wikicommons.org)

Geschenke der Nacht


„Guten Abend schöne Nacht,

Was hast du mir mitgebracht?“


„Den Gesang der Nachtigall,

Sternenlichter überall,

Fledermäuse, Nachtgespenster,

Warmer Kerzenschein am Fenster,

Meine sanfte dunkle Brille,

Aber auch - vor allem - Stille.“


„Die Gefühle schweigen nicht,

Wenn der goldne Mond sein Licht

In die Menschenherzen senkt,

Und uns seine Bilder schenkt.“


„Ich, die Nacht, bin nicht der Tag.

Wenn ich nach Gedanken frag,

Will ich auch Gefühle spüren. –

Dunkel bleiben meine Türen,

Wenn du nur die Hälfte siehst,

Und vor meiner Stille fliehst.“


Freitag, 22. Mai 2009

Traumsucher


Bild: Johann Heinrich Füssli, Der Traum des Schäfers, 1793, (wikicommons.org)

Traumsucher


Die fahle Wurzel eines Baums

Vertrocknet ihm im Sonnenlicht,

Und auch die Bilder meines Traums

Erkenne ich am Tage nicht.


Sie winden sich um mich im Kreis,

Wie Schemen einer Schattenwelt,

Von der ich nur im Träumen weiß,

Weil Farbe, Duft und Sprache fehlt.


Dann gehe ich zu meinem Teich,

Und frag die Elfen und die Fee,

Hol Bilder aus dem Märchenreich,

Damit ich meine Träume seh.


Donnerstag, 21. Mai 2009

Weiß – (Boulevardskizzen 21)


Bild: Hamilton Hamilton, Fallende Apfelblüten, um 1900, (wikicommons.org)

Weiß – (Boulevardskizzen 21)


Es hat die Apfelbäume

Nicht überrascht,

Dass ihre Blüten vom Wind

Verweht werden.


Aber ich staune

Jedes Jahr,

Wenn es Blüten schneit.


Behutsam

Blüht am Wegrand

Der Weißdorn auf,

Denn der ganze Weg

Ist auch voll

Taubendreck.


Mittwoch, 20. Mai 2009

Goldenes Geschenk


Bild: Pieter Codde, Melancholie, um 1630, (wikicommons.org)

Goldenes Geschenk


Wenn es nicht regnet

Trägt der Mond sein Gold

An meinen Schreibtisch.

Er lässt sich den

Reichtum nicht bezahlen.


Und ich,

Ich danke ihm auch,

Wenn es regnet,

Denn ich weiß ja,

Er wollte mir

Sein Gold schenken.


Wenn es doch

Nicht regnen würde!




Dienstag, 19. Mai 2009

Die gedachten Veilchen


Bild: Louis Picard, Die Veilchenverkäuferin, um 1890, (wikicommons.org)

Die gedachten Veilchen


Heute hat der Tag geschwiegen,

Darum warte ich ein Weilchen,

Und Papier und Bleistift liegen

Dort bei einem Strauß von Veilchen.


Wenn ich an die Veilchen denke,

Fängt der Tag zu reden an,

Weil ich dann um die Geschenke

Mir Gedanken machen kann.


Ach, wer soll mir Veilchen schenken?,

Ich hab ´s mir nur ausgedacht,

Um die Musen abzulenken,

Und dann ein Gedicht gemacht


Ohne sie, und ganz alleine.

Und jetzt sind sie leicht verstört;

Alle Zeilen sind nur meine,

Ich hab nicht auf sie gehört.


Montag, 18. Mai 2009

Beerdigung – (Boshaftigkeiten 2)


Bild: Hans Baldung (Grien), Tod und Frau, Vanitasallegorie, 1518 - 1520, (wikicommons.org)

Beerdigung – (Boshaftigkeiten 2)


Die Leiche ist schon ziemlich tot,

Und trotzdem gut geschminkt,

Weil aber die Verwesung droht,

Und sie dann grässlich stinkt,


Wird sie in einen Sarg gesteckt,

Der wird dann zugeschraubt. –

So ist ´s bei uns, wenn man verreckt,

Auch wenn man es kaum glaubt.


Damit man von ihr besser denkt,

Gibt ´s erst noch ein Palaver.

Doch was man in die Grube senkt

Ist nichts, als ein Kadaver.


Und teuer ist das ganze auch,

Es kostet sehr viel Kohle.

Drum wünsche ich dem Leichenbrauch,

Dass ihn der Teufel hole.


Sonntag, 17. Mai 2009

Delirium-Tiere


Bild: Mathias Grünewald, Die Versuchung des hl. Antonius, Ausschnitt aus dem Isenheimer Altar, 1515, (wikipedia.org)

Delirium-Tiere


Drei Promille im Gehäuse,

(Das sind mehr als ein paar Biere!),

Damit siehst du weiße Mäuse

Oder andre kleine Tiere.


Siehst du im Delirium

Einen kleinen weißen Hasen,

Dann bleib locker, stell dich dumm,

Lass das Tierchen friedlich grasen.


Auch bei rosa Elefanten

Gibt es keine großen Sorgen,

Denn die haben weiche Kanten

Und der Kater kommt erst morgen.


Aber siehst du böse Viecher,

Die dich innerlich zerfressen,

Hast du hoffentlich den Riecher,

Schnell das Saufen zu vergessen.


Samstag, 16. Mai 2009

Vogel-Gedanken – (Boshaftigkeiten 1)


Bild: Joseph Wright (of Derby), Das Experiment mit dem Vogel in der Luftpumpe, 1768, (wikicommons.org)

Vogel-Gedanken – (Boshaftigkeiten 1)


Ob wohl ein Vogel lamentiert,

Die Katze will mich fressen? –

Ich hör’ ihn ja, er jubiliert,

Als hätte er ´s vergessen.


Das Wetter ist ihm auch egal,

(Er will nicht immer singen;)

Es kann nach einem Sonnenstrahl

Auch ein Gewitter bringen.


Dann harrt er im Gewittersturm

Geduldig auf die Sonne, -

Und frisst dabei den Regenwurm

Voll Freude und mit Wonne.


Freitag, 15. Mai 2009

Fast schon Frühsommer


Bild: Edmond Francois Aman-Jean, Dame in Rosa, um 1900, (wikicommons.org)

Fast schon Frühsommer


Leise rieselt

Der Frühling in den Sommer.

Was hat der Sommer

Je vom Winter gewusst?


Was ich

Im ersten Augenblick

Nicht von dir gewusst habe,

Werde ich nie wissen,

Will ich nicht wissen.


Aber zum Frühling

Sage ich,

„Bleib noch ein bisschen.“


Donnerstag, 14. Mai 2009

Verwandlungen am Teich


Bild: Henri Fantin-Latour, Nymphen, um 1900, (wikicommons.org)

Verwandlungen am Teich


Satter wirkt das Grün der Bäume;

Hör’ ich schon den Kuckuck rufen?

Wo sind jetzt die Winterträume,

Die den Frühling mir erschufen?


Feen haben sie verwandelt,

Oder Trolle gut versteckt,

Und das Lied vom Teiche handelt

Mir von Nymphen, leicht bedeckt.


Irgendwo in weiter Ferne

Singt mir eine Nachtigall.

Mondschein überstrahlt die Sterne

Und das Lied ist überall.


Überall und in den Träumen

Liegt der Zauber dieser Nacht,

Und die Fee hat mit den Bäumen

Einen neuen Teich gemacht.