Bild: Pastell von Philipp Jacob Becker, 1807
Das Hexlein
Und woni uffem Schnid-Stuehl sitz
für Basseltang, und Liechtspöhn schnitz,
se chunt e Hexli wohlgimueth,
und frogt no frei: „Haut’s Messer guet?“
Und seit mer frei no Guete Tag!
und woni lueg, und woni sag:
„’s chönnt besser go, und Große Dank!“
se wird mer’s Herz uf eimol chrank.
Und uf, und furt enanderno;
und woni lueg, ischs nümme do,
und woni rüef: „Du Hexli he!“
so gits mer scho kei Antwort meh.
Und sieder schmeckt mer’s Esse nit;
stell umme, was de hesch und witt,
und wenn en Anders schlofe cha,
se höri alli Stunde schla.
und was i schaff, das g’rothet nit,
und alli Schritt und alli Tritt,
se chunnt mim Sinn das Hexli für,
und was i schwetz, isch hinterfür.
’s isch wohr, es het e Gsichtli gha,
’s verluegti si en Engel dra,
und ’s seit mit so ’me freie Mueth,
so lieb und süeß: „Haut’s Messer guet?“
Und leider hani’s ghört und gseh,
und sellemols und nümme meh.
Dört ischs an Hag und Hurst verbei,
und witers über Stock und Stei.
Wer spöchtet mer mi Hexli us,
wer zeigt mer siner Muetter Hus?
I lauf no, was i laufe cha,
wer weiß, se triffi’s doch no a!
I lauf no alli Dörfer us,
i suech und frog vo Hus zu Hus,
und würd mer nit mi Hexli chund,
se würdi ebe nümme g’sund.
Meine Übertragung:
Und wie ich auf dem Schnitzstuhl sitz,
Aus langer Weil und Kienspän schnitz,
Da kommt ein Hexlein wohlgemut,
Und fragt ganz frei: „Haut ´s Messer gut?“
Und sagt mir frei noch Guten Tag,
Und wie ich schau, und wie ich sag:
„`s könnt besser gehn, und großen Dank!“,
Wird mir das Herz auf einmal krank.
Und auf, und fort, kaum dass ich ´s sah,
Und wie ich such, ´s ist nicht mehr da,
Und wie ich ruf: „Du Hexli, hör!“,
Gibt es schon keine Antwort mehr.
Und seither schmeckt mir ´s Essen nicht,
Stell vor mich hin mein Leibgericht,
Und wenn ein andrer schläft schon lang,
Dann hör ich jeden Stundenklang.
Und was ich schaff, gelingt mir nit,
Bei jedem Schritt und jedem Tritt,
Kommt meinem Sinn das Hexlein vor,
Und reden tu ich wie ein Tor.
Das G’sichtlein war so wunderschön,
Dem Engel könnt ´s den Kopf verdrehn,
Und sagt mir noch mit freiem Mut,
So lieb und süß: „Haut ´s Messer gut?“
Und leider, dass ich ´s seh und hör,
Nur damals und dann gar nicht mehr.
Dort wird ´s an Hag und Busch lang sein,
Und weiter über Stock und Stein.
Wer späht mir jetzt mein Hexlein aus,
Wer zeigt mir seiner Mutter Haus?
Ich laufe, was ich laufen kann,
Vielleicht treff ich es doch noch an.
Ich laufe alle Dörfer aus.
Ich such und frag von Haus zu Haus,
Und wird mir nicht mein Hexlein kund,
Dann werd ich nimmermehr gesund.
siehe auch: meine Website
2 Kommentare:
anandernoch (enanderno) ist eines der schwäbischen Wörter, das mir einmal sehr geläufig war, das ich aber schon Ewigkeiten nicht mehr benützt habe. Schön, solche Wörter (die ja im Schwäbischen und sogenannten Alemannischen sehr ähnlich oder gar gleich sind)wieder einmal vorgeführt zu bekommen.
Vielen Dank und liebe Grüße
Helmut
Vielen Dank Helmut. Es ist gerade die "Urtümlichkeit" solcher Wörter, die mich besonders reizt.
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