Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

Verleger gesucht!

Achtung: Haiku veröffentliche ich ab sofort nur noch auf meiner website

Es gelten die rechtlichen Hinweise, wie auf meiner homepage.siehe:

Willkommen bei meinen Worten und Gedanken. Schreibt mir, wenn ihr etwas dazu meint. Meine E-Mail Adresse:
spinger.paul@googlemail.com

Für Teilnehmer und Freunde meiner freien Seminare steht ab sofort folgende Seite zur Verfügung:
https://sites.google.com/site/paulsweltliteratur/

Hörbares von mir: http://paul-spinger.podspot.de

Donnerstag, 31. Januar 2008

Mascha Kaleko


Bild:fembio.org

Mascha Kaleko

Wann begreifen wir das nächste?
Andre Menschen – andre Texte,
Nicht die Reime Herz auf Schmerz,
Nicht nach oben, himmelwärts,
Und man weiß nicht, wie ´s geschah:
Plötzlich innen und ganz nah.

Mittwoch, 30. Januar 2008

Absage ans Kloster


Bild: Ferdinand Georg Waldmüller,
Am Klostertor, 1846, (zeno.org)

Absage ans Kloster

Ach, ihr lieben Klosterbrüder,
Für mich kommt kein Trost herüber,
Wenn ihr betet, fastet, singt.
Ich geh nicht durch eure Türen,
Denn ich muss das Leben spüren,
Wenn die Schwermut an mich dringt.

Aber lasst euch auch nicht stören,
Auf mein Lied müsst ihr nicht hören;
Jeder wie er kann und mag.
Bleibt in eurer eignen Welt,
Wenn es euch darin gefällt,
Betet fleißig Nacht und Tag.

Betet gut und betet recht,
Ihr seid gut und ich bin schlecht,
Und das muss wohl auch so sein.
Einen Weg zum Paradies,
Such ich gar nicht; überdies
Bin ich meistens gern allein.

Dienstag, 29. Januar 2008

Mein Geheimnis


Bild: Paul Gauguin,
Herrliches Geheimnis (nave nave moe),
1894, (zeno.org)

Mein Geheimnis

Niemand der schreibt
Sucht eine Antwort,
Schreiben IST die Antwort.

Lange bevor es
Geschrieben werden kann,
Ist das Gedicht schon da.
Ganz allein
Für sich im – wo?

Auch wenn
Es nicht mehr gelesen
Und gehört werden kann,
Es ist nicht verschwunden.

Niemandem werde ich
Erzählen,
Wo meine Gedichte wohnen.
Das ist eines
Der unmöglichen Dinge.

Eine Ende mit Schrecken …


Bild: Michel Gobin, Junger Mann mit Pfeife,
nach 1681, (zeno.org)

Eine Ende mit Schrecken …

Noch immer brennt das Zauberland,
Die Flammen schlagen hoch.
Wir haben ´s neulich abgebrannt,
Nun sehn wir, es brennt doch!

Das Märchen war schon ausgeträumt,
Wir kriegten kalte Füße.
Und bis der Feuerlöscher schäumt,
Sag ich dir viele Grüße.

Heute nicht


Bild: Pierre-Auguste Renoir,
In Gedanken, 1877.1878, (zeno.org)

Heute nicht

Ich weigere mich, mir zuzuhören,
Es passt mir nicht, was ich denke.
Und weil mich meine Gedanken stören,
(Auch das Knirschen der morschen Gelenke),
Hör ich mir heute gar nicht zu,
Und lasse mich selber in Ruh.

Montag, 28. Januar 2008

Ein Hund


Bild: Paul Gauguin,
Bretonische Bauern mit Vieh und Hund,
1888, (zeno.org)

Ein Hund

Der blöde Hund
Beißt sich in ´n Schwanz.
Ist das gesund? -
Na ja, er kann ´s.

Versuchst du ´s auch,
Gibt das Probleme.
Nicht nur dein Bauch
Stoppt das Extreme.

Das Kästchen


zeno.org

Das Kästchen

Mit sehr viel Geduld und Mühe hatte sich der Mann ein Kästchen gebaut. Lange hat er gesucht, bis er das richtige Holz fand, und jahrelang dann daran gearbeitet, bis es genau so aussah, wie er das wollte. Jetzt war es fertig. Alles daran stimmte, die Beschläge waren angebracht, die Schubladen wunderbar mit Samt ausgekleidet, die vielen Schichten Lack waren längst getrocknet und glänzten. Ja, es war einfach perfekt. Wenig später verschenkte der Mann das Kästchen und dachte nicht mehr daran.
„Warum verschenkst du dieses wunderbare Kästchen so einfach?“ hieß es. „Du hast doch jahrelang daran gearbeitet, und jetzt gibst du es einfach so weg!“
„Ich will das Kästchen nicht mehr haben. Gar nichts habe ich gefunden, was ich hineinlegen möchte.“

Was von mir kommt


Graffiti in Freiberg in Sachsen

Was von mir kommt

Ich bring ´s dir nicht auf silbernem Tablett,
Das sind nur meine leeren Hände,
Und vielleicht noch ein altes, schwarzes Brett,
Oder Graffiti für die Häuserwände.

Du könntest einfach hören, was ich sage;
Nein, es wird nicht die große Weisheit sein.
Das was ich unter andre Menschen trage,
Ist nicht für alle, manchmal nur für mich allein.

Wanderrast


Bild: Caspar David Friedrich,
Wanderer am Gestade des Meeres,
um 1809, (zeno.org)

Wanderrast

Sie war prüde
Und allein.
Ich war müde
Und schlief ein.

Was am andern
Tag geschah?
Ich ging wandern,
Sie blieb da.

Sonntag, 27. Januar 2008

Eisbein mit Sauerkraut


wikipedia.org

Eisbein mit Sauerkraut

Das Essen, das im Magen ruht,
War nicht bekömmlich, aber gut.
Es liegt nun mal des Eises Bein
In meinem Magen wie ein Stein.

Zum Glück ist ja bald Fastenzeit,
Da ess ich nur ne Kleinigkeit!
Nur fürcht ich leider unterdessen,
Zuvor das große Grünkohlessen.

Dein Hemd


Bild: Egon Schiele, Junge in gestreiftem Hemd,
1910 - 1913, (zeno.org)

Dein Hemd

Was ist richtig, was ist gut?
Das ist schwierig zu entscheiden.
Doch was gar nicht in dir ruht,
Solltest du bewusst vermeiden.

Du kannst nur sein, der du bist,
Nie ein Andrer, nicht dir fremd.
Nur ein sturer Fatalist
Fühlt sich wohl in jedem Hemd.

Samstag, 26. Januar 2008

Alte Zeiten


Bild: Die Skulptur "Prüfung" von Edith Breckwoldt
auf dem Gelände der Ruine
St. Nikolai in der Hamburger Altstadt, (zeno.org)

Alte Zeiten

Die alten Zeiten leben nicht,
Nur du trägst sie im Bauch.
Sie blenden wie das Winterlicht,
Und frieren tun sie auch.

Der heiße Tag, die große Lust
Oft sehnst du dich nach ihnen,
Und hast doch damals schon gewusst,
Die Zeit macht auch Ruinen.

Die Hölle


Bild: Pieter Bruegel der Ältere, Schlaraffenland,
(zeno.org)

Die Hölle

Die beste Beschreibung der Hölle ist für mich ohne Zweifel die Geschichte vom Schlaraffenland. Denn was könnte schlimmer sein, als dass einem alle Wünsche sofort erfüllt werden, dass es nichts mehr zu tun gibt, als zu konsumieren?

Mein Regen Zwei


Bild: Franz Marc, Im Regen, 
1912, (zeno.org)

Mein Regen Zwei

Der Gesang der Wassertropfen,
Die an meine Scheiben klopfen,
Hat mich heute nicht erbost,
Heute gibt das Lied mir Trost.

Ob mir kalt ist oder kühl,
Aus mir selbst kommt das Gefühl,
Und ich fühl mich nur gestört,
Wenn es nicht zu mir gehört.

Mann im Mond in zwanzig Jahren


Bild. Colawerbung von 1890, (wikicommons.org)

Mann im Mond in zwanzig Jahren

Meine Zeit soll ich damit verbringen,
Aus ihren Produkten zu wählen,
Und Bedürfnisse befriedigen,
Von denen sie mir einreden wollen,
Dass ich sie habe.
Sechs Tage die Woche
Soll ich von morgens um acht
Bis abends um acht durch
Ihre Konsumtempel geistern,
Und möglichst viel Geld ausgeben.
Dies soll ich wählen,
Und das begutachten;
Immer das Beste,
Das Günstigste,
Das Vorteilhafteste,
Das Rentabelste,
Das Modernste,
Das Bewährteste,
Vor allem aber
Ihr Produkt,
Konsumieren,
Erwerben,
Erstehen,
Kaufen,
Leasen
Mieten.
Einkommen soll ich haben, arbeiten aber ist unwichtig.
Meinungen soll ich haben und äußern, aber nicht denken.

Wo ich auch hingehe, Coca-Cola war schon da.
Wenn ich in zwanzig Jahren
Zum Mond empor blicke,
Die Wälder sind dann alle vergiftet oder abgeholzt,
Wird mir der Mann im Mond,
Einen Hamburger essend,
Mit einer Coca-Cola-Flasche zuprosten.

Freitag, 25. Januar 2008

Was sich verändert hat


Bild: Egon Schiele, Der Lyriker, 1911, (zeno.org)

Was sich geändert hat

Da fragst du, was hat sich geändert?
Bist du ein anderer heute?
Und ich antworte,
Aber ja doch!
So wie alles was lebt,
Bin ich verändert,
Und ändere mich,
Jeden Monat,
Jeden Tag,
Ja, jede Stunde.
Das ist ganz einfach,
Du musst nur leben
Und leben wollen,
Dann wirst du dich
Immer ändern,
Schlicht weil du lebst.
Nur ohne Leben,
Also ohne
Leben geht ´s nicht.

Einkaufen


Wikipedia.org

Einkaufen

Du möchtest mal wieder was Neues schmecken,
Gehst einkaufen, kannst ja vielleicht was entdecken.

Da kaufst du Brot und Butter, Eier,
Dann etwas Käse, etwas Wurst;
Wenig Gemüse,(viel zu teuer!),
Doch Tee und Wasser gegen Durst.

Dann hast du alles ausgegeben,
Und gehst nach Haus, ziemlich frustriert:
Es reicht mal grade so zum Leben,
Was neues wird nicht ausprobiert!

Donnerstag, 24. Januar 2008

Vergebliches Wissen


Bild: Claude Monet, Sonnenaufgang,
1872, (zeno.org)

Vergebliches Wissen

Beim Anblicke des Sonnenuntergangs,
Bei den ersten Strahlen des Morgenrots,
Denkst du da an die Wellenlänge des Lichts?
Du wirst wach oder müde,
Und dann,
Denkst du da an Melatinin oder Kortison?
Trauriger oder heiterer Stimmung,
Denkst du da an den
Haushalt deiner Neurotransmitter?
Beethoven und Bach,
Bob Dylan und Joan Baez,
Denkst du da an
Die Gesetze der Akustik?
Nein,
Alles Wissen
Hilft dir nicht
Beim wahren Verstehen.
Und alles, was du wissen musst ist:
Du siehst,
Du hörst,
Und du fühlst.

Mittwoch, 23. Januar 2008

Innere Uhr


Bild: Harold Lloyd, Safety Last,
1923, (zeno.org)

Innere Uhr

Die innere Uhr
Macht mich müde und träge,
Dabei will ich sie nur,
Wenn sie wach macht und rege.

Also habe ich dann
Schlechte Karten gezogen?
Wach ich auf irgendwann,
Wissen ´s nur Biologen!

Armer Vollmond


Bild: Tsukioka Yoshitoshi, Vollmond in Mushasi,
1890, (wikicommnons.org)

Armer Vollmond

Es beglotzt der volle Mond
Staunend das Geschehen;
Wie er so da oben thront,
Kann er ´s nicht verstehen:

Keiner schaut zu ihm hinauf,
Alle gucken Glotze;
Und dann tönt zu ihm hinauf,
Drüber viel Gemotze.

Als er etwas jünger war,
Hat ´s das nicht gegeben.
Nein, so manches Liebespaar,
Zeugt´ bei Vollmond Leben.

Altersarmut - Suppe für die Alten


Bild: Lovis Corinth, Tod und Greis,
1922, (zeno.org)

Altersarmut
Suppenküche für die Alten


Suppe ist wohl dann von Nöten,
Wenn der Appetit nicht flöten
Ging, und auf die alten Tage,
Man am Hungertuche sonst nage.

Denn bei Gicht und Gliederreißen,
Keine Zähne mehr zum Beißen,
Auch noch Schmacht und Kohldampf schieben,
Sei dem Greis erspart geblieben.

Kerzentraum


Bild: Georg Flegel, Tabakstilleben mit Kerze,
1631, (wikicommons.org)

Kerzentraum

In Haut nicht fest verschlossen,
Die Seele fliegt und träumt.
Sie hat das Wachs vergossen,
Die Phantasie, sie schäumt.

Aus Wachs erstarren Bilder,
Nicht solche wie aus Blei,
Jetzt sinkt das Licht, wird milder,
Und Träume werden frei.

Dienstag, 22. Januar 2008

Kein Strom in Gaza


Bild. Gaza-Stadt, (wikipedia.org)

Kein Strom in Gaza

Wie soll man im Gaza-Streifen,
Eine Politik begreifen,
Die das Hungern zementiert,
Wenn man dabei auch noch friert?

Juden, Moslems oder Christen,
So erzeugt man Terroristen.
Doch der Terrorist im Weißen
Haus, der hat genug zu beißen.

Choral vom Vorurteil


Gedicht von Mao Zedong aus dem Jahr 1925,
(wikicommons.org)

Choral vom Vorurteil

Ich habe mich auf frischer Tat
Ertappt beim Hände-Ringen,
Obwohl ich jene böse Saat
Half selber auszubringen.
Das muss so sein,
Und ich allein
Kann sie nicht niederringen.

Jetzt leben viele Vorurteile;
Sie spuken in den Köpfen.
Das geht dann eine ganze Weile,
Und schadet armen Tröpfen.
Wer jetzt noch kann,
Der setz sich dran,
Die Suppe auszuschöpfen!

Wachen und Träumen


Bild: Max Klinger, Opus VIII, "Ein Leben",
Träume, (zeno.org)

Wachen und Träumen

Warum kann man einen Traum
Nicht so lang behalten?
Ist es, weil wir diesen kaum,
Und mit Schlaf bezahlten?

Aber was spricht denn dagegen,
Dass die Träume bei uns bleiben –
Wenn wir sie ins Leben legen,
Wird der Schlaf sie nicht vertreiben.

Lächeln im Schaufenster


wikicommons.org

Lächeln im Schaufenster

Durch die Stadt gehen,
Und ein Lächeln suchen,
Einen Freund sehen,
Und ihn nicht besuchen.

Durch die Stadt wandern,
Und ein Lächeln finden,
Kommt von ganz andern,
Lässt sich schwer binden.

Durch die Stadt rennen,
Und ein Lächeln holen,
Von der Zeit trennen,
Das ist nicht gestohlen.

Montag, 21. Januar 2008

Ein Rätsel


Bild: Rembrandt Harmensz. van Rijn,
Simson, an der Hochzeitstafel das Rätsel aufgebend,
1638, (zeno.org)

Ein Rätsel?

Wie soll man das benennen,
Was keiner sagen will?
Es müssen viele kennen,
Doch alle bleiben still.
Es treibt uns um und um,
Und alle bleiben stumm.

Auch ich, ich sag es nicht,
Und wenn ihr mich bedrängt;
Ganz rot wird mein Gesicht,
Ich fühl mich sehr beengt:
Ihr müsst schon einen andern fragen,
Ich werde nichts darüber sagen.

Mein Lied 2


zeno.org

Mein Lied 2

Wenn vieles überdacht ist,
Will ich keine Antwort mehr wissen.
Alle Gräben schütte ich zu,
Was soll mir die Lösung?
Ich will
Die Melodie des Suchens
Nicht verlieren.
Und zwischen den Rätseln
Fühl ich mich
Gut und zuhause.

Sonntag, 20. Januar 2008

Lene


Bild: George de La Tour, Magdalena Terf,
um 1640, (zeno.org)

Lene

Sie war kein sicherer Hafen.
Ich habe sie trotzdem gemocht.
Sie hat mit jedem geschlafen.
Die Kerze – nur Wachs ohne Docht.

Grad heut sehe ich ihr Gesichtchen.
Warum nur? – Das Wetter ist Schuld.
Ich widme ihr dieses Gedichtchen,
Und denke an ihre Geduld.

Sonntagswetter


Bild: Edgar Germain Degas, Im Regen,
um 1880, (zeno.org)

Sonntagswetter

Regen, Regen. Nichts als Regen.
Dreck und Matsch auf allen Wegen,
Und da draußen, da begegnen,
Mir nur Hunde – und der Regen.

Geh ich raus, dann seh ich heute
Nur ganz wenig – nasse – Leute.
Geht nicht ohne Schirm heut raus!
Doch noch besser: bleib zu haus.

Sichtweise


Wikipedia.org

Sichtweise

Denke lieber positiv:
Pisa ´s Turm ist gar nicht schief,
Sondern nur nicht ganz gerade,
Wäre er ´s, dann wär das schade.

Samstag, 19. Januar 2008

Mein Lied


Bild: Ente oder Kaninchen?, (wikipedia.org)


Mein Lied

Viele meiner Illusionen
Sind mir richtig lieb geworden,
Will mir keine neuen holen.
Und mein Lied mit den Akkorden,
Die mal falsch, mal richtig klingen,
Werde ich so weiter singen.

Exkremente


Bild:T arot-Karte, Der Narr,
(Marseiller Set), (zeno.org)

Exkremente

Andre Menschen zu bekehren,
Davon möchte ich nichts wissen.
Und es kann mich auch nicht stören,
Wenn sie auf die Wahrheit pissen.

Warum soll ich einem Narren
Seinen Unverstand beweisen?
Er wird nur darauf beharren,
Und am Ende darauf scheißen.



Würde in den Sternen stehen,
Was die Zukunft uns bedeutet,
Würd´ ich auch zur Kirche gehen,
Wenn die Glocke sonntags läutet.

Freitag, 18. Januar 2008

Blinde Reiche


Bild: Marja Fjodorowna, Der Geizhals,
1890, (zeno.org)

Blinde Reiche

Nach der Lieblingsfarbe fragen,
Würdest du den Blinden nicht.
Er könnt´ es dir auch nicht sagen,
Denn ihm fehlt das Augenlicht.

Warum fragst du dann die Reichen
Nach mehr Glück, Gerechtigkeit?
Du kannst keinen Stein erweichen,
Nicht mal, wenn der Felsen schreit.

Seine Sache ist nicht deine,
Leistung ist bei ihm Profit.
Er versteht nur, wenn man seine
Macht ihm einmal ganz entzieht.

Leicht daneben


Bild: Max Klinger, Opos X, "Eine Liebe", Erwachen,
1887, (zeno.org)

Leicht daneben

Ich gestehe, deine Blässe
Lässt mich ganz dezent erröten.
Unser beiderlei Intresse
Wär, der Grund dafür ging flöten.

Und es war so, dass wir beide
Nicht recht wussten, was wir taten.
Doch das nächste Mal vermeide,
Dass wir uns so leicht verraten.

Donnerstag, 17. Januar 2008

Ich und du


Bild: James Gillray, Fort mit Dir,
Du dummer Kummer, 1801, (zeno.org)

Ich und du

Was ich will, das weiß ich schon;
Niemals diese Illusion,
Dass ich ganz alleine lebe,
Wenn ich nach mir selber strebe.

Immer wenn ich mich betrog,
Fehlte jeder Dialog.
Dies solange, bis ich sah:
Nein, es sind auch andre da.

Ganz allein und ichbezogen,
Hab ich meistens mich betrogen.
Und ein Du ist ´s, wenn ich sag,
Dass ich mich heut selber mag.

Die Krähe und der Stein


Bild: Walentin Alexandrowitsch Serow,
Die Krähe und der Fuchs,
um 1900, (zeno.org)

Die Krähe und der Stein

Bei ihrem Horst hatte Merkenau, die Krähe, einen Stein versteckt, denn noch immer dachte sie voll Zorn daran zurück, wie ihr Reineke, der Fuchs, den Käse abgelistet hatte. Da kam Isegrim, der Wolf, des Weges, der sich als Reineke verkleidet hatte, weil er am Hof des Königs einige Besorgungen machen wollte.
Schnell holte Merkenau den Stein aus ihrem Horst, und setzte sich auf einem Ast zurecht. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen, für die Sache mit dem Käse damals“, begann Isegrim. „Es tut mir leid, dass ich einen solch klugen Vogel überlistet habe.“
„Krah!“ und der Stein fiel Isegrim vor die Füße, der ihn in seiner Gier rasch verschlang, auch weil er in seiner Verkleidung nicht gut sehen konnte. „Ach, Merkenau, das liegt mir ja wie ein kleiner Wackerstein im Magen.“ -
„Was das wohl für ein Omen ist?“, fragte Reineke, als ihm Isegrim die Geschichte erzählte.

Mittwoch, 16. Januar 2008

Werte nicht!


Bild: Daniel Nikolaus Chodowiecki,
Leben eines Liederlichen (5),
1774, (zeno.org)

Werte nicht!

Welten kann man nicht vergleichen,
Jeder Mensch ist eine Welt.
Setze keine Judaszeichen,
Wenn dir einer nicht gefällt.

Nicht zu werten ist sehr schwer,
Wenn wir uns betroffen fühlen. -
Eine Wunde schmerzt noch mehr,
Wenn wir sie zu heftig kühlen.

Über sieben Brücken ...


Bild: Tunnel bei Behringen, (zeno.org)

Über sieben Brücken …

Der einsame Wanderer sinniert:
„Jetzt habe ich schon unzählige Flüsse überquert, aber nie auf einer Brücke. Wenn ich nicht schwimmen musste, oft gegen eine starke Strömung, bin ich immer durch einen Tunnel gegangen, und war froh, wenn ich das Licht am Ende des Tunnels sah“.

Dienstag, 15. Januar 2008

Kein Ei!


Wikipedia.org

Kein Ei!

Schlag kein Ei auf -
Dieses weiße
Glibberzeug
Schmeckt einfach Scheiße.

Schmeckt gekocht nicht,
Nicht gebraten;
Lieber Freund,
Ich muss dir raten:

Dieses blöde Eieressen,
Liegt im Magen ziemlich schwer;
Wenn da nicht das Eigelb wär
Könntest du es glatt vergessen.

Wahrheit


Bild: Katsushika Kokusai, Kleiner Kuckuck,
18./19. Jh., (zeno.org)

Wahrheit

Wenn die Wahrheit oben schwimmt,
Dann vielleicht als Wasserleiche.
Wenn man sie dann ernster nimmt,
Ist sie auch nicht mehr die gleiche.

Eine Wahrheit zu verkünden
Ist ein schrecklicher Beruf,
Wird in großer Leere münden,
Einsam, wie der Kuckucksruf.

Sterben und Erben


Bild: Meister der Mogulschule, um 1618,
Sterbender Höfling, (zeno.org)

Sterben und Erben

Mancher hat nichts zu vererben,
Aber er muss trotzdem sterben,
Irgendwann und irgendwo,
Denkt dann auf dem Sterbebett,
„Wenn ich sehr viel Reichtum hätt,
Wären meine Erben froh.“

Wenn der Arme dann vergnügt
In den letzten Zügen liegt,
Kann er sich ins Fäustchen lachen.
Ach, was kümmern ihn die Erben!
Er kann ganz in Ruhe sterben,
Muss kein Testament mehr machen.

Auf der Straße


Bild: Carl Schuch, Straße in Olevano,
1875, (zeno.org)

Auf der Straße (1996)

Hier ist der Arsch der Welt!
Ein guter Platz um alle Chancen zu versauen,
Und auf den eignen Fehlern rum zu kauen;
Hier bleib ich, weil mich nichts hier hält.

Traum IV


Bild: Sebastiano Ricci, Der Traum des Esculapius,
1718, (zeno.org)

Traum IV

Die Wand zerbrach,
Bevor ich sie berührte,
Und eine Stimme sang und sprach. -
So wie sie klang und schwieg danach,
War ´s so als ob sie sanft
Mein hartes Herz berührte.

Ich ging durch jene Wand,
Und wusste nicht mehr,
Ob sie da gewesen war.
Und jene Stimme, sanft und klar,
So wie von ungefähr
Etwas Gewesenes, das mich fand.

Montag, 14. Januar 2008

Politiker


Wikipedia.org

Politiker

Lasst sie ihre Suppe kochen!
Lasst sie die dann selber fressen,
Denn wir werden schon drauf pochen,
Dass sie keinen mehr erpressen.

Unsre Suppe kochen wir!
Und sie muss nicht jedem schmecken.
Wenn ich davon jetzt probier,
Werd ich nicht daran verrecken.

Sonntag, 13. Januar 2008

Verschwiegene Hölle


Bild: Gustav Doré, Dant und Vergil im 9. Kreis der Hölle,
1861, (zeno.org)

Verschwiegene Hölle

Jeder trägt in sich die Hölle,
Wenn er sie auch gut versteckt.
Für viel Leid ist sie die Quelle,
Selten wird sie aufgedeckt.

Gute Menschen sind auch böse,
Ob sie wollen oder nicht.
Dass man sich vom Dunklen löse,
Sagt man niemand ins Gesicht.

Und das Schwierigste am Ganzen:
Böse Menschen sind auch gut.
Dass die Teufel nicht mehr tanzen,
Dazu braucht es sehr viel Mut.

Froher Abschied


Bild:zeno.org

Froher Abschied

Halt doch einfach deine Schnauze,
Und befülle deine Plauze,
Mit Müll, den du für Essen hältst,
Und in deinen Kühlschrank stellst.

Tratschen könnt ich noch ertragen,
Doch was deine Laute sagen,
Ist der absolute Müll!
Darum sei doch einfach still.

Öfters hör ich einen Hund,
Und der bellt nie ohne Grund,
Sei ´s zur Warnung, sei ´s aus Freude,
Oder er hat grad die Räude,

Immer hat das einen Zweck,
Doch was du sagst ist nur Dreck.
Darum werd ich jetzt auch gehen,
Denn ich kann dich nicht mehr sehen.

Im warmen Januar


Bild: Johann Heinrich Füssli, Nachtmahr,
1802, (wikipedia.org)

Im warmen Januar

Wieder wissen die Kastanien
Nicht voran sie sind,
Und schon treiben die Geranien.
Viel zu warm der Wind.

„Es ist Frühling“, denkt das Herz,
Doch es wird noch kalt.
Und die Blicke hügelwärts
Fürchten um den Wald.

Drohung


Bild: Juan Gris, Tabak, Zeitung und Weinflasche,
1914, (zeno.org)

Drohung

Bald schon werd ich dich besuchen,
Freu mich auf Kaffee und Kuchen,
Wenn du welchen hast.
Hoffentlich bist du gut drauf
Und machst mir die Türe auf,
Weil du sonst verpasst,

Mein vergnügliches Hallo,
Meinen Gang zu deinem Klo,
Übervolle Aschenbecher,
Tabakkrümel auf dem Teppich,
Und im Angebot noch hätt ich
Fast geleerte Kühlschrankfächer.

Samstag, 12. Januar 2008

Lob der Nacht


Bild: Vincent Willem van Gogh, Sternennacht,
1889, (wikicommons.org)

Lob der Nacht

Wenn abends sich der Himmel rötet,
Nacht die hellen Stunden tötet,
Dich von Tag und Last befreit,
Ist für deine Dinge Zeit.

Du verschwindest in Gedanken,
Überwindest viele Schranken,
Und du kommst dir selber nah,
Du bewältigst, was geschah.

Zieh sie aus, die Tagesschuhe,
Du benötigst diese Ruhe.
Warum solltest du jetzt schlafen,
Wenn dich die Gedanken trafen?