Tagebuch - nicht nur meiner literarischen Arbeiten

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Samstag, 31. Oktober 2009

Ich, der „Geisterfahrer“


Bild: Viktor Michailowitsch Wasnezow, Der Fliegende Teppich, 1880, (wikicommons.org)

Ich, der „Geisterfahrer“


Muss ich einfach unbesehen

Wirklich jeden Dreck verstehen?

Lasst mich der Erkenntnis trotzen,

Über die Experten motzen!

Wer sich drum die Haare rauft:

Die sind alle nur gekauft.


Ich weiß nichts, und das ist viel,

Habe häufig gar kein Ziel,

Möchte mich um gar nichts scheren,

Und auch niemanden bekehren.

Alles andre wär’ nicht klug.

Dass ich lebe, ist genug.


Darum bleib ich manchmal stur

Trotzig auf der falschen Spur,

Auch wenn ich nicht Auto fahre,

Spuken ist das einzig Wahre,

Denn die eingefahrnen Wege,

Machen alles öd und träge.


Freitag, 30. Oktober 2009

Influenza-Blues


Bild: James Hayllar, Der Erkältung trotzen, um 1900, (wikicommons.org)

Influenza-Blues

(ein erkälteter Zeitgenosse resümiert.)

Axel gewidmet


Niesen, Husten, Auswurf, Schleim;

Eingefangen ist der Keim.

Darauf gibt’s nur einen Reim:

Ab ins Bett, nach Hause, heim.


Und dann hab ich den Salat:

Fieber! Achtunddreißig Grad.

Jetzt hilft nur ein heißes Bad.

Ach, wie fühl’ ich mich malad!


Es schmeckt nicht einmal die Kippe.

Während ich am Glühtee nippe,

(Ich verbrenne mir die Lippe.),

Denk ich an die Schweinegrippe.


Nun lass ich mich nicht mehr impfen,

Und kann ganz in Ruhe schimpfen,

Die verschnupfte Nase rümpfen,

Wegen den Gesundheitssümpfen.


Donnerstag, 29. Oktober 2009

Schicksals-Song der Fliege


Bild: Justus Junker, Stillleben mit Insekten, um 1750, (wikicommons.org)

Schicksals-Song der Fliege


Guck, die Spinne spinnt herum,

Dideldum,

Von der Decke bis zum Teppich,

Nebbich.


Wie ich langsam drüber schwebe,

Über Staub und Spinngewebe,

Bin ich froh. Hurra, ich lebe.


Ach, ich setz

Mich aufs Netz;

Klebe fest,

Und der Rest …

Ich sitz fest!,

Und sie lässt,

(Die Spinne meine ich.)

Mich hier zappeln,

Kann nicht krabbeln,

Muss verrecken. -

Viele Flecken

Auf Tapeten an den Wänden,

Wo wir Fliegen sonst verenden,

Zeigen mir das Fliegenleiden.

Na, das konnt’ ich noch vermeiden.


Fazit:

Ob Spinne oder Fliegenklatsche,

Wir Fliegen sitzen in der Patsche.


Mittwoch, 28. Oktober 2009

Unsere Kriegstreiber – (Die kleine Kriegsfibel 24)


Bild: Hans Baluschek, Der Untergang, (um 1915), (zeno.org)

Unsere Kriegstreiber – (Die kleine Kriegsfibel 24)


Die Waffenhändler brauchen Krieg,

Sie wollen ihren Dreck verkaufen.

Es int’ressiert sie nicht der Sieg,

Nicht das „Primat der Politik“,

Nur dass die Kriegsgeschäfte laufen.


Dann kommt der Waffenproduzent,

Er stellt doch jede Waffe her,

Und jedes Folterinstrument,

Auch solche, die noch keiner kennt,

Und das nicht nur fürs Militär.


Der Aktionär will sie nicht missen,

Den Geldgewinn, die Dividende.

Er überredet sein Gewissen

Mit dieser oder jener Spende

Und wäscht in Unschuld seine Hände.


Und wir, wir brechen kein Tabu;

Wir tun zu wenig sie zu stören.

Es raubt uns nicht einmal die Ruh’,

Wenn wir von Massengräbern hören,

Wir seh’n nur angeekelt zu.


Dienstag, 27. Oktober 2009

Richtung Jahresrand


Bild: Arnold Böcklin, Herbstgedanken, 1881 (?), (wikicommons.org)

Richtung Jahresrand


Zärtlich wärmt Oktobersonne

Einen allerletzten Falter.

Wie er pumpt, genießt in Wonne!

Und er spürt sein Lebensalter.

Lange wird er ´s nicht mehr machen

Und der Falter fliegt gemach,

Auf der Wiese steigen Drachen,

Häufig ist der Wind zu schwach,

In die Sonne, die uns blendet,

Zu den schon verfärbten Eichen.

Was der Herbst so leicht verschwendet,

Wird schon bald dem Winter weichen.


Montag, 26. Oktober 2009

Dichteritis


"Bild": Guillaume Apollinaire, L'oiseau et le bouquet, Kalligramm, wahrscheinlich um 1915, (wikicommons.org)

Dichteritis


Die Muse, der ich nicht rech trau’,

Hält mich für nicht besonders schlau:

Sie sagt mir ständig vor.

Und tausend tote Dichter, alle,

Die locken in die Lyrikfalle,

Es schreit in mir im Chor.


Ich leide nicht an Meningitis,

Nein, äußerst schwere Dichteritis

Hat mich total erfasst.

Seh’ ich ein leere Blatt ist ´s um,

Die Muse fragt mich nicht warum,

Und wie, und was, ob ´s passt.


Ich schreib mein tägliches Gedicht,

Doch manchmal da genügt das nicht,

Dann schreib ich noch ein zweites,

Und reihe tapfer Wort an Wort,

So schreibe ich in einem fort,

Und hoff’ auf was Gescheites.


Traum-Hemmungen


Bild: Franciszek Zmurko, Süße Träume, um 1890, (wikicommons.org)

Traum-Hemmungen


Beim Einschlafen

Sieht mir häufig

Die Muse

Über die Schulter,

Voraus

In meine Träume,

Und flüstert mir ein,

Was ich aufschreiben soll.

Wenn sie mich

Dann endlich träumen lässt,

Weiß ich schon

Was auf mich zukommt,

Es steht alles da.


Bei manchen Träumen allerdings

Schweigt die Muse

Sanft errötend.

Was sollte ich

Also aufschreiben?


Sonntag, 25. Oktober 2009

Meistens


Bild: Jean Francois Raffaelli, Der Lumpensammler zündet seine Pfeife an, 1879, (wikicommons.org)

Meistens


Meistens geht es mir ganz gut,

Irgendetwas ist ja immer.

Ich bewahre ruhiges Blut,

Weil ich weiß, es wird sonst schlimmer.

Meistens.


Meistens habe ich genug,

Manchmal fehlt schon dies und das,

Dann leb ich vom Selbstbetrug,

Aber das macht keinen Spaß.

Meistens.


Meistens geht ´s mir gar nicht schlecht,

Doch es könnte besser sein.

Ich hab auch nicht immer recht,

So geht ´s nicht nur mir allein.

Meistens.


Samstag, 24. Oktober 2009

Für Karl

Erinnerung ans Meer


Bild: Arnold Böcklin, Im Meere, um 1890, (wikicommons.org)

Erinnerung ans Meer


Mit Sehnsucht, Wehmut steht ein Mensch am Strand,

Ist von der Weite und Unendlichkeit berührt.

Es fesselt ihn ein unsichtbares Band,

Das er ganz tief in seiner Seele spürt.


Ein Mensch schreibt seinen Namen in den Sand,

Er sieht die namenlosen Wellen drüber gleiten.

Dann schreibt er wieder mit der gleichen Hand, -

Und wartet auf ein Wunder der Gezeiten.


Freitag, 23. Oktober 2009

Windgeschenke


Bild: Giovanni Battista Tiepolo, Fresko im Palazzo Labia/Venedig, Detail, Der Wind, 1746/47, (wikicommons.org)

Windgeschenke


Der Wind hat es mir erzählt,

Es gibt keine Zeit für die Liebe,

Keine Stunde für die Bücher,

Keinen Moment für die Arbeit.

Es gibt sie nicht,

Die Zeit.


Es gibt nur

Die Bücher,

Die Arbeit,

Die Liebe.


Und der Wind

Hält sie alle zusammen,

Zerstreut sie,

Wirft sie zu dem

Blätterhaufen

In der Hofecke.


Da kannst du sie

Dann aufklauben,

Mit dem, was du

Die Zeit nennst.


Der Wind hat es mir erzählt,

Denn in Wahrheit gibt es nur

Die Liebe.


Donnerstag, 22. Oktober 2009

Knut und das Rollmopsfrühstück


Bild: Georg Flegel, Stillleben - Frühstücksbild, 1635, (wikicommons.org)

Knut und das Rollmopsfrühstück


Knut will einen Rollmops essen,

Angemacht mit Zwiebelringen.

Aber hat den Mops vergessen,

Und so kann es nicht gelingen,

Denn der Mops klaut sich den Fisch

Vor dem Rollen schon vom Tisch.


Doch es gibt ja noch Konserven,

Da ist alles fix und fertig,

Da kann auch der Mops nicht nerven,

Jedenfalls nicht gegenwärtig,

Denn der Mops liegt mit Beschwerden

Durch die Gräten auf der Erden.


Also holt der Knut die Dose

Mit dem eingelegten Fisch,

Stellt dem Mops die Diagnose:

„Möpse die von meinem Tisch

Sich den rohen Hering klauen,

Kriegen Ärger beim Verdauen.“


Mittwoch, 21. Oktober 2009

Zu früh


Bild: John Singer Sargent, "Nelke, Lilie, Lilie, Rose ...", 1885/86, (wikicommons.org)

Zu früh


Wo sind die Laternenkinder

Mit dem kleinen, alten Lied?

Lauf ich durch den Herbst als Blinder,

Ich, der alte Verseschmied?


Aber nein, es ist noch Zeit.

Noch sind manche Eichen grün,

Und bei diesem Blätterkleid

Sollen nicht Laternen glühn.


Kinder lasst jetzt Drachen steigen!

Bald ist ´s Zeit für die Laternen.

So schließt sich der Jahresreigen

Und das seh ich – an den Sternen.


Dienstag, 20. Oktober 2009

Vor Halloween


Bild: Frank Skarbina, Allerseelentag, 1896, (wikicommons.org)

Vor Halloween


Wenn im Spätherbst viele Leichen,

Immer so um Halloween,

Gänzlich ohne Lebenszeichen

Friedlich auf den Friedhof ziehn,


Dann begleiten sie Gespenster,

Die wir schon vergessen haben.

Stellt die Kerzen in die Fenster!

Gebt den Geistern kleine Gaben!


Ach, die dunkle Zeit des Jahres

Steht tatsächlich vor der Tür. -

Diese Zeit hat etwas Wahres,

Aber sie kann nichts dafür.


Montag, 19. Oktober 2009

Geklaute Chrysanthemen


Bild: Christian Rohlfs, Drei Chrysanthemen im Krug, 1935 (?), (wikicommons.org)

Geklaute Chrysanthemen


Jetzt sind fast alle Blumen fort.

Vereinzelt stehen Chrysanthemen

An einem gut geschützten Ort,

Die muss ich mir verstohlen nehmen.


Sie sehen aus wie Margeriten,

Und beide sind fast so wie Astern.

Ich hab sie heimlich abgeschnitten:

Die Blüte zählt zu meinen Lastern.


„Bei mir hat sie noch etwas Zeit,

Kann sich in den November retten,

Wenn es schon im Oktober schneit, “

Denk ich beim Drehn von Zigaretten.


Ich klaue Blumen nur im Garten;

Im Wald, am Feld lass ich sie stehn,

Um ganz geduldig abzuwarten,

Ob wir sie nächstes Jahr noch sehn.


Sonntag, 18. Oktober 2009

Das Städtchen im Herbstabend


Bild: Egon Schiele, Herbstsonne und Bäume, 1912, (zeno.org)

Das Städtchen im Herbstabend


Von den Dächern pfeifen Spatzen;

Über Dächer schleichen Katzen.

Unter Dächern, auf Matratzen,

Liegen Leute rum und ratzen.


Einige, die gierig gucken,

Und dabei ihr Bierchen schlucken,

Kriegen sie nicht voll, die Hucken. –

Einfach mit der Schulter zucken.


Andere mit viel Vertraun,

Reihenhaus mit Jägerzaun,

Können jeden Dreck verdaun,

Sogar den vom Fernsehn schaun.


Ganz vereinzelt – Kerzenschein,

Liebe, Trauer, Träumerein?

Könnte auch ein Dichter sein. –

Ach, das Städtchen ist recht klein.


Samstag, 17. Oktober 2009

Oktobernacht


Bild: Carl Spitzweg, Der eingeschlafene Nachtwächter, um 1875, (wikicommons.org)

Dunkel sind ja nicht die Nächte,

Sondern diese schweren Tage,

Nur die grauen Alltagsmächte

Stellen jeden Sinn in Frage.


Oktobernacht


Der Himmel sternt sich durch die Wolken.

Es weht ein rauer, kalter Wind.

Im Halbschlaf krächzt ein Rabe.

Wenn alle Fenster dunkel sind,

Und ich den Tag vergessen habe,

Ergreift die Unrast ferner Worte

Mich selbst; sie werden wie der Wind

Mein Eigentum, sind Heimatorte,

Auch wenn sie längst vergessen sind;

Der Himmel sternt sich durch die Wolken.


Alltag in Afghanistan – (Die kleine Kriegsbibel 23)


Bild: Léon Belly, Pilgerzug nach Mekka, 1861, (wikicommons.org)

Alltag in Afghanistan – (Die kleine Kriegsbibel 23)


Selbst die Natogeneräle

Glauben nicht mehr an den Sieg.

Streiten, „wer gab die Befehle?“,

Und bedauern diesen Krieg.


Weil ein Natokrieger schwerlich

Weiß, wer ist ein Taliban,

Leben Muslims sehr gefährlich

In und um Afghanistan.


„Wir sind auf der rechten Fährte;

Das sind sicher Taliban.

Seht die langen Rauschebärte!

Vorwärts Jungs! Wir greifen an.“


Bald sind nicht nur Bärte tot,

Und das weiße Pilgerkleid

Ist befleckt und blutig rot. -

„Sorry Leute! Tut uns leid!“


Freitag, 16. Oktober 2009

Gewöhnungsbedürftig


Bild: Alfred Thompson Bricher, Herbstlandschaft, 1870, (wikicommons.org)

Gewöhnungsbedürftig


Ein bisschen war mir so als ob

Die Kälte mich persönlich meinte. -

Als ich die Wanderung verschob,

Weil gar zu sehr der Himmel weinte,

Da träumte ich vom roten Wald,

In dem die milde Sonne wärmt. –

Jetzt ist mir aber einfach kalt.

Ich hatte doch vom Herbst geschwärmt!


Sich an die Kälte zu gewöhnen,

Das dauert wohl geraume Zeit.

Was könnte mich damit versöhnen,

Dass es schon im Oktober schneit?

Vielleicht das kleine Kerzenlicht,

Die bunten Blätter, die ich presse,

Und sicher noch ein Herbstgedicht

Von Rilke oder Hermann Hesse.


So bleibe ich bei meinen Büchern

Und trinke guten, heißen Tee,

Bewaffne mich mit Taschentüchern,

Denn wenn ich aus dem Fenster seh,

Kommt mein Oktober kaum zu Geltung,

Ist nur ein Wunsch, vielleicht ein Traum.

Da draußen lauert die Erkältung -

Und ein entlaubter leerer Baum.